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5 Fragen – 5 Antworten zu Dengue

Blog | 20. November 2023

Irgendwie hat man den Namen schon mal gehört: Dengue. Das war doch auch eine dieser Krankheiten, die es in tropischen Ländern gibt. Nur da? Und kann man sich eigentlich davor schützen? Wir haben mit Dr. med. Thomas Jänisch von der Sektion Tropenmedizin, Department für Infektiologie, am Universitätsklinikum Heidelberg gesprochen.

  1. Was ist Dengue?
  2. Wo ist Dengue verbreitet?
  3. Ist Dengue eine Armutskrankheit?
  4. Wie kann man sich vor einer Ansteckung schützen und die Krankheit behandeln?
  5. Was kann und muss getan werden, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern?

1. Was ist Dengue?

Dr. Jänisch: Das Dengue-Fieber ist eine Viruserkrankung, die durch Moskitos übertragen wird. Die wichtigsten Überträger sind die sogenannte Gelbfiebermücke und die asiatische Tigermücke. Beide Moskitos können noch weitere Fieberkrankheiten wie Zika oder Chikungunya übertragen, allerdings ist Dengue die gefährlichste Krankheit mit einer nennenswerten Anzahl von schweren Verläufen im akuten Stadium.

Es kommt zu Symptomen wie bei einer schweren Grippe: hohes Fieber, starke Kopf- und Gliederschmerzen. Bei einem schweren Verlauf ist eine gute medizinische Versorgung besonders wichtig, damit Komplikationen aufgefangen werden, ansonsten kann die Krankheit sogar tödlich enden. Der Krankheitsverlauf ist schnell und es ist nicht einfach vorherzusehen, ob eine Dengue-Erkrankung schwer verläuft. Nach überstandener Krankheit sind im Allgemeinen keine Folgeschäden zu erwarten. Die Betroffenen fühlen sich jedoch teilweise noch über Wochen schlapp.

Fälle von Dengue-Fieber nehmen weltweit zu und die Infektionszahlen haben mittlerweile die von Malaria überholt. Schätzungsweise 400 Millionen Menschen infizieren sich jedes Jahr weltweit, von denen nur rund 100 Millionen Menschen einen Arzt aufsuchen.

2. Wo ist Dengue verbreitet?

Dr. Jänisch: Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Regionen, in denen Dengue vorkommen kann. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist das Virus mittlerweile in mehr als 100 Ländern weltweit verbreitet. Die Regionen Nord- und Südamerika, Südostasien und Westpazifik sind am stärksten betroffen, wobei rund 70% der weltweiten Krankheitslast auf Asien entfällt.

Das Denguefieber breitet sich aber auch in neuen Gebieten aus, wie in Europa, und es kommt zu explosionsartigen Ausbrüchen. Lokale Übertragungen wurden 2010 zum ersten Mal in Frankreich und Kroatien gemeldet. In den Jahren 2012/13 gab es einen Dengue-Ausbruch auf der portugiesischen Ferieninsel Madeira, wo die Gelbfiebermücke seit 2007 vorkommt. Auf dem europäischen Festland gibt es die Gelbfiebermücke derzeit noch nicht – allerdings hat sich die asiatische Tigermücke seit den 1950er-Jahren ausgebreitet. Auch in Deutschland ist sie mittlerweile nachgewiesen worden – z. B. in Heidelberg, Freiburg und Jena. Durch regen Autoverkehr der Urlauber aus dem Süden über die Autobahn A5, aber auch durch Lastwagen- bzw. Containerverkehr über Zugstrecken konnte sie sich weiter ausbreiten und profitiert letztlich auch vom Klimawandel, da die höheren Temperaturen der wärmeliebenden Tigermücke die Ausbreitung vereinfachen. Zuletzt wurden im September 2023 einzelne Übertragungen von Dengue-Viren am Gardasee in Italien gemeldet.

3. Ist Dengue eine „Armutskrankheit“?

Dr. Jänisch: Interessanterweise Ja und Nein. Dengue ist eine typische Krankheit der Globalisierung. Überträger-Moskitos profitieren von der „Landflucht“ in vielen Ländern der Südhalbkugel, durch die Großstädte schnell wachsen und dabei Armenviertel, sogenannte Slums oder Favelas, entstehen. Fehlende Müllabfuhr, kaputte Straßen, Rohbauten und improvisierte Wasserreservoirs bieten gute Brutstätten für Stechmücken. Gerade in Schwellenländern wird Dengue zunehmend zu einem Problem der öffentlichen Gesundheit.

Auf der anderen Seite betrifft Dengue in den Megastädten des Südens in der Folge sowohl ärmere als auch reichere Menschen, deren Stadtviertel aneinander grenzen. Die infizierten Stechmücken bleiben ja nicht in den Slums, sondern schwirren auch auf den Märkten und in den Parks, die von allen benutzt werden.

4. Wie kann man sich vor einer Ansteckung schützen und die Krankheit behandeln?

Dr. Jänisch: Bislang gibt es keine spezifische Behandlung gegen Dengue. Die Behandlung ist symptomatisch. Das heißt, die Erkrankten bekommen Medizin, um die einzelnen Symptome zu bekämpfen, aber kein Präparat gegen die Krankheit insgesamt. Bei schweren Verläufen müssen Patienten intensivmedizinisch betreut werden.

Es gibt zwei Impfstoffe. Der erste – Dengvaxia von Sanofi – ist aufgrund von Komplikationen bei Gesunden, die noch nicht infiziert waren, mittlerweile auf Personen im Alter von 9 bis 45 Jahren beschränkt, die in einem Endemiegebiet leben und zuvor bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht haben. Die verfügbaren Daten zeigen eine Schutzwirkung für solche Menschen – wenn auch keine optimale. Der zweite – Qdenga von Takeda – wurde erst im Dezember 2022 durch die EU-Kommission zugelassen; er hat weniger Nebenwirkungen und kann ab dem Alter von vier Jahren eingesetzt werden.

Der beste Schutz vor einer Ansteckung ist natürlich der Schutz vor Mückenstichen, was aber in der Praxis schwierig ist. Im Gegensatz zur Malariamücke stechen die Mücken, die Dengue übertragen, tagsüber.

5. Was kann und muss getan werden, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern?

Dr. Jänisch: Die weltweite Ausbreitung von Dengue und der Überträger-Moskitos muss unter Kontrolle gebracht werden. Das ist eng mit einer Reduzierung der Armut in den Megastädten des Südens verbunden. Denn mangelnde Wasserversorgung und schlechte Müllentsorgung führen zu einer Zunahme der Moskitos. Derzeit wird auch an manipulierten Moskitos im Labor geforscht, die sich weniger gut zur Übertragung eignen. Aber das ist noch Zukunftsmusik.

Wenn erkrankt, müssen Patienten engmaschig betreut werden, damit der Arzt einschätzen kann, welchen Verlauf die Krankheit nimmt. Wir brauchen gut erprobte Warnhinweise, die dem Arzt helfen, Entscheidungen zu treffen. Dafür müssen wir auch die biologischen und immunologischen Grundlagen schwerer Verläufe noch besser verstehen lernen.

Wir brauchen ferner bessere Informationen über den Stand der Ausbreitung in Afrika und auf dem indischen Subkontinent, um überhaupt die Größe des Problems einzuschätzen. In dem Zusammenhang brauchen wir auch bessere diagnostische Tests für Dengue, um trennscharf zwischen eng verwandten Viren unterscheiden können – beispielsweise zwischen Dengue und Zika.

Und ganz grundlegend müssen wir gegen den Klimawandel ankämpfen, da dieser zur Verbreitung solcher Krankheiten beiträgt.

Leonie Müßig