Der Weltbevölkerungsbericht

Der Weltbevölkerungsbericht der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung ist eine deutsche Kurzversion des vom Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) herausgegebenen State of World Population Report. Anders, als der Titel vermuten lässt, gibt die Publikation einen Überblick über den aktuellen Stand der sexuellen und reproduktiven Rechte und Gesundheit der Menschen weltweit. Detaillierte Datenanalysen und Fallstudien bieten umfangreiche Einblicke in jährlich wechselnde Schwerpunktthemen wie beispielsweise schädliche Praktiken, selbstbestimmte Familienplanung oder körperliche Selbstbestimmung. Darüber hinaus beinhaltet der Bericht jedes Jahr eine umfangreiche und nach Ländern unterteilte Datensammlung zu den Bereichen „Würde und Menschenrechte“, „Sexuelle und reproduktive Gesundheit“ zu demografischen Indikatoren. Damit ist der Weltbevölkerungsbericht ein wichtiges Instrument, um politische Entscheidungsträger*innen, Forscher*innen und die breite Öffentlichkeit zu informieren.

Weltbevölkerungsbericht 2024

Vor dreißig Jahren einigten sich 179 Staaten darauf, dass reproduktive Gesundheit und Rechte Grundpfeiler der globalen Entwicklungspolitik sind. Bei der UN-Weltbevölkerungskonferenz in Kairo verabschiedeten sie ein Aktionsprogramm, das sich von den Zielvorgaben der Geburtenkontrolle verabschiedete und das Individuum mit seinen Bedürfnissen und Rechten in den Mittelpunkt stellte. Dieser bahnbrechende Konsens ebnete den Weg für erhebliche Fortschritte. Weltweit ist seitdem die Zahl unbeabsichtigter Schwangerschaften um fast 20 Prozent gesunken. Die Zahl der Frauen, die moderne Verhütungsmethoden anwenden, hat sich verdoppelt und die Müttersterblichkeit ist um 34 Prozent gesunken. Bis heute haben 162 Länder Gesetze gegen häusliche Gewalt erlassen.

Doch sind diese Errungenschaften und Fortschritte unzureichend und ungleichmäßig verteilt. Und in einer Zeit, in der Regierungen wieder zunehmend Maßnahmen ergreifen, um die sexuelle Selbstbestimmung einzuschränken, sind die Forderungen von Kairo aktueller denn je: Geschlechtsspezifische Gewalt ist in fast allen Ländern präsent; Müttersterblichkeit ist in vielen konstant geblieben, in einigen sogar gestiegen. Immer noch ist jede zweite Schwangerschaft unbeabsichtigt, jede vierte Frau kann nicht Nein zu Sex mit ihrem Mann oder Partner sagen und jede zehnte hat keine Wahl, ob sie verhüten möchte oder nicht.

„Unsere Aufgabe ist es, diese jungen Menschen in die Lage zu versetzen, selbst zu bestimmen, ob, wann und wie viele Kinder sie bekommen möchten. Die körperliche Selbstbestimmung ist die Voraussetzung für ein eigenständiges Leben, aber auch für eine zukunftsfähige Gesellschaft.“

Feyera Abdissa
Leiter des DSW-Länderbüros Äthiopien

Der Fortschritt hat vor allem den wohlhabenden und privilegierten Teil der Weltbevölkerung erreicht und einen viel zu großen Teil zurückgelassen. Überall haben Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihres wirtschaftlichen Status, ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Behinderung und anderer Faktoren mit großen Hürden beim Zugang zu einer adäquaten Gesundheitsversorgung und ganz generell bei der Wahrnehmung der sexuellen und reproduktiven Rechte zu kämpfen. Nach wie vor sind geschlechterungleiche Normen in der Infrastruktur des Gesundheitswesens verankert und bestehende Klüfte haben sich vielerorts vertieft, anstatt sich zu verringern. Indigene Frauen und Frauen afrikanischer Abstammung sind besonders betroffen. So ist beispielsweise das Risiko für eine Frau in Subsahara-Afrika an Komplikationen bei Schwangerschaft oder Geburt zu sterben, 130 Mal höher als bei einer Frau in Europa oder Nordamerika. Aber auch Menschen der LGBTQIA+-Community sind zusätzlich zu – und als Folge von – Diskriminierung und Stigmatisierung mit gravierenden gesundheitlichen Ungleichheiten konfrontiert.

Diskriminierung und Geschlechterungerechtigkeit ziehen sich bis in die Wissenschaft und digitale Datenerhebung, womit sie Ergebnisse verfälschen und Fortschritt verhindern. Um das Versprechen von Kairo zu erfüllen, müssen wir die Ungleichheiten in unseren Gesundheitssystemen und in der Politik beseitigen und uns auf die am stärksten marginalisierten Frauen und Jugendlichen fokussieren. Die Vision einer (geschlechter-)gerechten Welt ist nicht nur moralisch richtig, sondern könnte auch der Weltwirtschaft erhebliche Vorteile mit sich bringen.

Kernaussagen

In 162 Ländern gibt es Gesetze gegen häusliche Gewalt.

Regierungen auf der ganzen Welt versuchen, Frauen und Mädchen mithilfe von Gesetzen zu schützen: 162 Staaten – so viele wie noch nie – haben Gesetze gegen häusliche Gewalt verabschiedet. Dass die Welt sich zunehmend davon abwendet, die Sexualität von LGBTQIA+-Personen zu kriminalisieren, ist ein weiterer Fortschritt im Bereich der körperlichen Selbstbestimmung.

800 Frauen sterben immer noch jeden Tag bei der Geburt – fast jeder dieser Todesfälle ist vermeidbar.

Die einst vielversprechenden Fortschritte bei der Reduktion vermeidbarer Sterbefälle von Müttern stagnieren: Von 2016 bis 2020 sind die jährlichen Sterbefälle von Müttern praktisch nicht zurück-gegangen. Das bedeutet, dass immer noch jeden Tag rund 800 Frauen bei einer Geburt sterben, obwohl fast jeder dieser Todesfälle vermeidbar wäre.

Ausgaben von 79 Milliarden US-Dollar in SRGR können rund 660 Milliarden US-Dollar generieren.

Nach einer Berechnung des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen könnte man zum Beispiel mit zusätzlichen Ausgaben von 79 Milliarden US-Dollar in Staaten mit niedrigem und mittlerem Einkommen bis 2030 rund 400 Millionen unbeabsichtigte Schwangerschaften verhindern, das Leben von einer Million Mütter und vier Millionen Neugeborenen retten und wirtschaftliche Nutzeffekte in Höhe von 660 Milliarden US-Dollar generieren.

Die Verwendung moderner Verhütungsmittel hat sich verdoppelt.

Was die Anwendung moderner Verhütungsmethoden betrifft, haben Frauen seit der Weltbevölkerungskonferenz von Kairo deutlich an Handlungsfähigkeit gewonnen. Von 1990 bis 2021 hat sich die Zahl der Frauen, die moderne Methoden zur Empfängnisverhütung einsetzen, verdoppelt.

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Weltbevölkerungsbericht 2024