Ich gehe zurück auf Anfang 2011, als unsere Weltbevölkerungsuhr noch eine „6“ vor den folgenden neun Ziffern zeigte. Doch die Uhr lief unaufhörlich weiter – pro Sekunde kamen fast drei Erdbewohner hinzu. Dieses Tempo hat sich bis heute übrigens kaum verändert. Wer mag, kann sich gerne ein eigenes Bild machen und auf die Weltbevölkerungsuhr auf unserer Website schauen.
Den Hochrechnungen der Vereinten Nationen zufolge sollte am 31. Oktober 2011 der siebenmilliardste Mensch geboren werden. Natürlich weiß niemand genau, ob das an dem Tag, in der Woche oder auch in dem Monat tatsächlich der Fall sein würde. Doch es ging den Vereinten Nationen – und auch uns – darum, einen symbolischen Tag auszuwählen, um in der Öffentlichkeit auf das Weltbevölkerungswachstum, seine Ursachen und seine Folgen aufmerksam zu machen. Vor allem sollte der Tag die Augen dafür öffnen, dass in Entwicklungsländern noch immer jeder vierten Frau das Menschenrecht auf freiwillige Familienplanung verwehrt wird. Eine der Konsequenzen: 74 Millionen ungewollte Schwangerschaften jedes Jahr!
Der Sieben-Milliarden-Tag bot uns eine großartige Chance, auf dieses selten beachtete Thema aufmerksam zu machen. Bloß: Wie sollte uns das am besten gelingen?
Wir planten eine Kampagne, durch die wir eine verstärkte Präsenz des Themas freiwillige Familienplanung in der Öffentlichkeit bewirken und damit den Druck auf politische Entscheidungsträger erhöhen wollten, Familienplanung höher auf die entwicklungspolitischen Agenda zu setzen. Die Maßnahmen waren vielfältig:
Neben klassischer Pressarbeit mit zahlreichen Interviews für Fernsehen, Radio und Printmedien, Publikationen, Social Media- und Website-Aktivitäten gehörte zum Beispiel eine Fotoausstellung „Wir sind sieben Milliarden – unsere Welt heute“ auf dem Potsdamer Platz in Berlin dazu. Unsere Kooperationspartner waren das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie die Monatszeitschrift „National Geographic“.
Ein absolutes Highlight der Kampagne war unsere extra für die Kampagne entwickelte Weltbevölkerungsuhr, die noch heute in Hannover (am Stadion) zu sehen ist. Die einzigartige Weltbevölkerungsuhr, eine zwei mal drei Meter große Installation, zeigt sekundengenau den aktuellen Stand der Weltbevölkerung. Wir hatten lange diskutiert, ob wir mit der Uhr nicht Gefahr laufen, die wachsende Weltbevölkerung als etwas Bedrohliches darzustellen. Doch wir entschieden uns bewusst für diese Symbolik und wiesen mit zusätzlichen Informationen zu freiwilliger Familienplanung und ungewollten Schwangerschaften an der Uhr hin. Die Enthüllung der Uhr mit Bettina Wulff, der Ehefrau des damaligen Bundespräsidenten war ein großes Medienereignis, von der TV- und Radiosender sowie Printmedien in ganz Deutschland berichteten. Inzwischen gibt es sogar eine zweite Weltbevölkerungsuhr – am Zoo Hannover.
Bis heute hat sich auch unsere App „What’s your number“ gehalten – ein echtes Highlight auf unserer Internetseite. Der Nutzer kann sein Geburtsdatum eingeben und erhält daraufhin die Information, der wievielte lebende Erdenbürger er zum Zeitpunkt seiner Geburt war. Probieren Sie es aus!
Mit der Kampagne, die unserem ganzen Team sehr viel Spaß gemacht hat, haben wir eine riesige öffentliche Aufmerksamkeit erreicht – eine tolle Bestätigung unserer Arbeit. Doch hatte sie auch politisch etwas bewirkt? Die Wirkung von derlei Maßnahmen lässt sich nie 1:1 bestätigen. Doch ich bin sicher, dass die Kampagne ihren Teil dazu beigetragen hat, dass sich die Bundesregierung auf dem Familienplanungsgipfel in London im Juli 2012 verpflichtet hat, ihre Mittel für Familienplanung und Müttergesundheit auf 400 Millionen Euro für die Jahre 2012 bis 2015 zu erhöhen.
Den UN zufolge soll voraussichtlich im Jahr 2024 der achtmilliardste Mensch geboren werden. Ich hoffe sehr, dass dann eine solche Kampagne nicht mehr nötig sein wird. Denn ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass bis dahin jeder Mensch frei darüber entscheiden kann, ob, wann und wie viele Kinder er bekommen möchte. Damit das so schnell wir möglich passiert, arbeiten wir unermüdlich – auch unabhängig von Milliardenkampagnen – daran, dass das Menschenrecht auf Familienplanung stärker ins öffentliche Bewusstsein rückt.