Kairo – das war in der Mitte der 1990er Jahre nicht nur der Name einer bedeutenden Hauptstadt. Vielmehr steht der Name für mich seitdem für eine bahnbrechende Weltkonferenz, von der die Initialzündung für einen gravierenden Paradigmenwechsel ausging. Bis dato prägten demografische Zielvorgaben den Inhalt der Diskussionen auf UN-Ebene. Auf der Kairoer Weltbevölkerungskonferenz 1994 jedoch richtete die damalige Generalsekretärin (und heutiges Kuratoriumsmitglied der DSW), Dr. Nafis Sadik, den Blick der Weltgemeinschaft weg von den Zahlenvorgaben hin auf das Individuum. Jedem Mann und jeder Frau sollte es ermöglicht werden, frei über Sexualität und Kinderzahl entscheiden zu können. Der Begriff der „sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte“ (SRGR) war geboren!
Für die DSW, deren Mitarbeiter an der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo mit Beraterstatus in der deutschen Delegation teilgenommen hatten, war damit der politische Rahmen für ihr Handeln geschaffen, ging es den beiden Stiftungsgründern doch Anfang der 1990er Jahre darum, allen Frauen, die verhüten möchten, auch die Informationen und Mittel an die Hand zu geben.
Für dieses Thema musste nun geworben werden: um Bekanntheit des Anliegens, aber auch um entsprechende Fördergelder. Von Anfang an hatte sich herauskristallisiert, dass die Arbeit und Ziele der DSW nur durch gute Kooperationen zu erreichen waren. Und so war es die DSW, die in Kooperation mit anderen europäischen Organisationen im Jahr 1996 nach Hannover einlud, um den Grundstein für ein europaweites Netzwerk zu legen: die European Non Governmental Organisations for sexual and reproductive health (kurz: EuroNGOs) war geboren. Das Netzwerk hat noch heute Bestand und schafft es beispielsweise, bei jährlichen UN-Konferenzen und -Sitzungen dank engen Austauschs und der Entwicklung gemeinsamer Strategien und Botschaften Einfluss auf die Formulierung von Abschlussdokumenten zu nehmen.
Von Renate Bähr, Geschäftsführerin der DSW