Als ich Ende 2012 zur DSW kam, war die Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) „Selbstbestimmte Familienplanung und Müttergesundheit“ in aller Munde. Für die Arbeit der Stiftung war es ein großer Fortschritt, dass ihr Kernthema – der Zugang zu Aufklärung und Verhütungsmitteln – nun im Zentrum einer Initiative des Entwicklungsministeriums stand. Wie kam es dazu?
Im Juni 2010 hatten die G8-Staaten sich im kanadischen Muskoka darauf geeinigt, mehr in die Gesundheit von Kindern und Müttern in Entwicklungsländern zu investieren. Der Endspurt zur Umsetzung der acht Millennium-Entwicklungsziele (MDG), die bis 2015 erreicht sein sollten, war eingeläutet. Die Zwischenbilanz zeigte, dass MDG 4 zu Kindergesundheit und MDG 5 zu reproduktiver Gesundheit am weitesten von der Ziellinie entfernt waren. Auf Initiative Kanadas vereinbarten die G8-Mitglieder deshalb, von 2010 bis 2015 fünf Milliarden US-Dollar zu investieren, um MDG 4 und 5 doch noch zu erreichen – was letztendlich nicht gelang.
Der deutsche Anteil zur Muskoka-Initiative betrug 400 Millionen Euro, also 80 Millionen Euro pro Jahr, die bis 2015 zugesagt werden sollten. Das BMZ unter Leitung des FDP-Ministers Dirk Niebel beschloss, den thematischen Schwerpunkt darauf zu legen, den Zugang zu Verhütungsmitteln zu verbessern und die Müttersterblichkeit zu senken. Den konzeptionellen Rahmen hierfür bildete die bereits erwähnte Initiative „Selbstbestimmte Familienplanung und Müttergesundheit“. Ihr Ziel ist es, über moderne Familienplanungs- und Verhütungsmethoden zu informieren und es mehr Menschen zu ermöglichen, diese freiwillig zu verwenden. Außerdem sollten mehr Frauen und Mädchen während und nach der Geburt medizinisch betreut werden.
Hierauf hatte auch die DSW gemeinsam mit anderen deutschen NGOs seit Jahren und auf verschiedensten Wegen hingewirkt – zum Teil eher indirekt durch die Arbeit mit Abgeordneten des auf unsere Initiative gegründeten Parlamentarischen Beirats für Bevölkerung und Entwicklung. Aber auch direkt durch unsere gute Beziehungen zum BMZ, durch die die DSW eine regelmäßige Beraterin geworden war.
Auch wenn die Umsetzung der Initiative noch nicht abschließend evaluiert ist, kann man schon jetzt sagen, dass die gemachten finanziellen Zusagen eingehalten wurden. Das Geld fließt in Projekte der staatlichen Durchführungsorganisationen GIZ und KfW, aber auch in Projekte von Nichtregierungsorganisationen.
Als besonderer Erfolg ist zu werten, dass die Initiative auch nach dem Regierungswechsel 2013 unter Minister Gerd Müller von der CSU fortgeführt wurde. Anfang 2015 kündigte der Minister zudem an, dass die Initiative bis mindestens 2019 mit 100 Millionen Euro pro Jahr weiterlaufen wird. Dies ist ein gutes Zeichen dafür, dass der Einsatz für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte eine Konstante der deutschen Entwicklungspolitik ist und über die Parteien hinweg unterstützt wird.
Für die Zeit bis 2019 wird sich die DSW dafür einsetzen, dass dies so bleibt – auch nach der Wahl 2017. Zudem engagieren wir uns für einen verstärkten Fokus in der Projektförderung auf einen besseren Zugang von Jugendlichen und Unverheirateten zu Aufklärung und Verhütungsmitteln. Damit würde Deutschland einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG) erbringen, auf die sich die internationale Gemeinschaft im September 2015 geeinigt hat. Bis 2030 sollen alle Frauen und Mädchen, die es wollen, Zugang zu Aufklärung, Verhütungsmitteln und zu sexueller und reproduktiver Gesundheit haben und selbst über ihre Körper bestimmen können. Es bleibt viel zu tun, damit dieses Ziel – anders als MDG 4 und 5 – wirklich erreicht wird. Die DSW wird ihren Beitrag dazu leisten. Indem wir Jugendlichen in Ostafrika Zugang zu Aufklärung und Verhütungsmitteln bieten. Und indem wir weiter darauf hinwirken, dass die Bundesregierung ambitionierte Zusagen macht – und diese auch einhält.
Von Katrin Erlingsen, Entwicklungspolitische Referentin bei der DSW