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Kippt Gambia das Verbot von weiblicher Genitalverstümmelung?

Blog | 19. März 2024 | #AntiFGM #Empowerment #FGM #Genitalverstümmelung

Hunderttausende Frauen weltweit leiden unter den Folgen einer Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation – FGM) und Hunderttausende junge Mädchen sind davon bedroht, Opfer dieser menschenverachtenden Praxis zu werden. Umso schlimmer die Nachrichten, die uns derzeit aus Gambia erreichen: Dort haben Mitglieder der Nationalversammlung einen Gesetzesvorschlag zur Aufhebung des Verbots der Genitalverstümmelung vorgelegt. 

Auch in Gambia ist, wie in vielen Staaten, FGM derzeit verboten (seit 2015). Es wäre damit das erste Land weltweit, das ein Verbot rückgängig macht – eine traurige Berühmtheit. Aus diesem Anlass verweisen wir noch einmal nachdrücklich auf unser Interview zum Internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung mit Miriam Chebet: Sie kämpft in Kenia gegen FGM und erzählt von den Folgen der Opfer und den Chancen, diese sogar todbringende Tradition endgültig zu verbannen.

Nach Informationen der „Deutschen Welle“ ist FGM in Gambia nach wie vor weit verbreitet: Etwa 73 Prozent der Mädchen und Frauen zwischen 15 und 49 Jahren sind laut „DW“ beschnitten. „Fast ein Drittel dieser Frauen waren jünger als fünf Jahre, als ihre Genitalien verstümmelt worden sind. Das geht aus dem Bericht zur Demografie und Gesundheit 2019/20 der gambischen Statistikbehörde hervor“, heißt es weiter.
Mehr Informationen zu FGM, den Folgen für die Überlebenden und den Kampf gegen Genitalverstümmelung gibt es auf unserer Seite.


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Female genital mutilation – the origin of the practice and the most important facts

Female genital mutilation is one of the cruelest traditional practices in human history. It is a manifestation of deeply rooted power relations. But where did the practice originate? And what needs to happen so that female genital mutilation only appears in the history books in future?

Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW)

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Mit mehr POWER zur Veränderung der Familienplanung in Uganda

Blog | 11. November 2023 | #Empowerment #Entwicklungszusammenarbeit #Familienplanung #Globale Gesundheit #POWER

Vor etwa drei Jahren hatte Joan Atuhaire (24) aus Ugandas Hauptstadt Kampala, die zündende Idee für ihr Geschäftsmodell: ein Start-up, das sich auf die Fahnen geschrieben hat, die Jugend und die Erwachsenen in Uganda mit qualitativ hochwertigen und dazu erschwinglichen Verhütungsmitteln und Hygieneartikeln zu versorgen. SimplyFP war geboren, eine Online-Plattform, auf der man zum Beispiel Kondome, aber auch HIV- und Schwangerschaftstests kaufen kann. Joan will erreichen, dass alle Menschen in Uganda einfachen Zugang zu Verhütungsmitteln und Hygieneprodukten haben, die ihren Bedürfnissen entsprechen.  SimplyFP ermöglicht es den Nutzern darüber hinaus, Fragen zu stellen und in Echtzeit Antworten von allen Gesundheitseinrichtungen und Fachleuten zu erhalten.

Können Sie uns erzählen, wie Sie Unternehmerin geworden sind? Was hat Sie dazu inspiriert, ein Unternehmen im Bereich Familienplanung und Sexualaufklärung zu gründen?

Joan Atuhaire: Mein Weg zur Sozialunternehmerin im Bereich Familienplanung und Sexualaufklärung begann im Jahr 2020, als ich meine Tante bei der Geburt ihres Kindes verlor, nur, weil sie nicht verhüten wollte, da wir aus einem streng katholischen Umfeld kommen. Nach dieser Erfahrung wollte ich ein soziales Unternehmen gründen, als Anlaufstelle für den Zugang zu Verhütungsmitteln und Hygieneprodukten. Den Schwerpunkt legte ich dabei auf Kondome, Verhütungsmittel und Menstruationshygieneprodukte. Bei meinen Einsätzen vor Ort lernte ich, wie man mit jungen Menschen spricht und arbeitet, und so suchte ich immer wieder nach Möglichkeiten für Förderprogramm in meinem Bereich. Dabei stieß ich auf POWER-Programm, das von Action for Health Uganda und der DSW in Zusammenarbeit mit Capital Solutions ausgeschrieben war. Ich bewarb mich und wurde aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, dass mein Traum wahr geworden ist.

Wie hat sich die Teilnahme am POWER-Projekt auf Ihre berufliche und persönliche Entwicklung ausgewirkt? Gibt es bestimmte Fähigkeiten oder Kenntnisse, die Sie im Rahmen des Programms erworben haben und die besonders wertvoll waren?

Für mich war das Programm ein Wegbereiter, weil es mir geholfen hat, mein Unternehmen bis zur Umsetzung zu entwickeln. Am Anfang hatte ich nur eine Idee im Kopf, wusste aber nicht, wie ich sie umsetzen sollte. Durch POWER lernte ich dann dazu und konnte meine Geschäftsidee für diesen Sektor ausarbeiten und verfeinern. In dieser Zeit lernte ich mehr über Geschäftsplanung, Netzwerken und den Aufbau von Partnerschaften. Ich habe auch gelernt, wie man Mittel einwirbt und diese Fähigkeiten genutzt, um 5.000 US-Dollar von der Drake University in den USA zu erhalten.  Damit konnte ich eine Website entwickeln und die App verbessern.

Können Sie uns etwas mehr über die Angebote erzählen, die Ihr Start-Up anbietet und wie es mit Herausforderungen und Problemen umgeht?

SimplyFP bietet Nutzern, die auf die App zugreifen, genaue und zuverlässige Informationen zu Verhütungsmitteln und Hygieneprodukten. Mit nur einem Klick werden die Kunden mit Dienstleistern und Gesundheitseinrichtungen verbunden. Die App hilft, Stigmata zu beseitigen, die mit der Angst vor dem Zugang zu Produkten wie Kondomen und Hygieneprodukten für Männer und Frauen verbunden ist.

Können Sie von einem Erfolg erzählen, den Sie während Ihrer Teilnahme am POWER-Projekt erreicht haben? Wie hat dieses zum Wachstum und zur Wirkung Ihres Unternehmens beigetragen?

Mit Hilfe von POWER habe ich Marktforschung über die grundlegenden Bedürfnisse und das Feedback der Kunden betrieben, was mir bei der Entwicklung von SimplyFP geholfen hat. Wir haben die App erfolgreich entwickelt und getestet. Wir haben unser Angebot von Verhütungsmitteln auf die Gesundheit von Mutter und Kind sowie auf sogenannte Safe Pleasure Kits für Männer und Frauen ausgeweitet und bieten auch Überweisungen zu Gesundheitsdiensten für Jugendliche an. Darüber hinaus haben wir Partnerschaften mit verschiedenen Akteuren in Uganda und im Ausland aufgebaut und gepflegt, zum Beispiel mit der Drake University und dem Mandela Fellowship Program in den USA.  

Der Aufbau von Netzwerken ist für Unternehmer*innen sehr wichtig. Wie hat Ihnen das POWER Projekt geholfen, Verbindungen und Kooperationen aufzubauen? Gibt es bestimmte Partnerschaften oder Möglichkeiten, die sich daraus ergeben haben?

POWER bot mir eine Plattform, auf der ich verschiedene Menschen mit unterschiedlichem Fachwissen treffen konnte, um meine Ideen umzusetzen. POWER hat uns in ein Alumni-Netzwerk aufgenommen und uns mit verschiedenen Akteuren im Bereich des sozialen Unternehmertums, der Wissenschaft, der Zivilgesellschaft und des Privatsektors in Kontakt gebracht. Bei der Pitching-Veranstaltung trafen wir potenzielle Geldgeber und Ministerien und stellten unsere Ideen vor. Das war der Beginn der Netzwerkarbeit und ich bin stolz darauf, dass ich inzwischen so viele Netzwerke in Uganda und im Ausland aufgebaut habe.

Wie sehen Sie als Unternehmerin den Beitrag Ihres Unternehmens zur Förderung der Familienplanung und Sexualaufklärung in Uganda? Wie sieht Ihre langfristige Vision für Ihr Start-Up aus?

SimplyFP möchte dazu beitragen, eine neue Nische im Bereich Familienplanung und Sexualaufklärung in Uganda zu schaffen, indem es den Zugang zu und die Nutzung von entsprechenden Produkten und Informationen erleichtert. Dieses Ziel beginnt mit dem Aufbau eines starken Teams, das die Vision vorantreibt. Die gute Nachricht ist, dass wir unseren Produkt- und Dienstleistungsmix auf der Grundlage von Kundenfeedback verfeinern. Im Januar 2024 werden wir unseren Online-Shop einführen, um unseren Markt zu erweitern und Teil der globalen Lieferkette für Verhütungsmittel und Hygieneprodukte in Uganda zu werden. Wir planen, in den Städten Kampala, Mbarara und Mbale Safe Pleasure Geschäfte zu eröffnen, in denen wir Bestellungen entgegennehmen und qualitativ hochwertige und erschwingliche Produkte, einschließlich moderner Verhütungsmittel, liefern können. Von dort aus wollen wir international tätig werden und Nigeria, Südafrika und Kenia ins Visier nehmen.

Welchen Rat würden Sie anderen angehenden Unternehmerinnen geben, die ein Unternehmen im Bereich Familienplanung und Sexualaufklärung gründen möchten? Gibt es wichtige Lektionen oder Erkenntnisse, die Sie auf Ihrem Weg gelernt haben und die Sie mit anderen teilen möchten?

Holen Sie sich Unterstützung,­ von der Familie, von Mentoren und Coaches! Ich musste meinen Job aufgeben, um mich dem Aufbau meines Sozialunternehmens zu widmen, und ich bereue es nicht – ganz im Gegenteil und obwohl ich einen gut bezahlten Job hatte. Ich ermutige Frauen und Mädchen, verantwortungsvolle und sinnvolle Partnerschaften zu suchen, sich beruflich weiterzuentwickeln, mit Mentoren in Kontakt zu treten, sich weiterzuentwickeln, die eigenen Grenzen zu verstehen und daran zu arbeiten und zu begreifen, dass keine Situation von Dauer ist. Halten Sie einander die Hand, denn niemand ist eine Insel; wir brauchen einander, um voranzukommen.

Simply FP ist Teil von POWER, einer von der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung finanzierten und von Action for Health Uganda umgesetzten Partnerschaft zur Stärkung und Unterstützung  von Start-Up-Unternehmer*innen. Mehr Informationen zu POWER gibt es hier auf unserer Website.

Nils Hartung

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Von Stille zu Stärke: der DSW-Medienpreis am Orange Day

Blog | 01. November 2023 | #Empowerment #Entwicklungspolitik #Geschlechtergerechtigkeit #Medienpreis #Orange Day

Nach drei langen Jahre Corona-Pause wurde die  Verleihung des DSW-Medienpreises „Weltbevölkerung“ mit vielen Gästen und einem abwechslungsreichen Programm im Pavillon Hannover gefeiert. Die Ehrung der Preisträger fand am Tag gegen Gewalt gegen Frauen, dem “Orange Day” statt und bot so auch den Anlass für eine Podiumsdiskussion sowie die Eröffnung von gleich zwei Ausstellungen zum Thema.

Moderiert wurde der Abend, zu dem neben der DSW auch die Christoffel-Blindenmission (CBM) geladen hatte, von Ninia LaGrande. Diese sorgte in ihrer Rolle als Poetry Slammerin dann auch für einen der Höhepunkte des Abends: Ihr sehr persönlicher Text zum Thema Gewalt gegen Frauen wurde gleich zu Beginn mit begeistertem Applaus bedacht. Im Anschluss führte sie souverän und einfühlsam durch die Podiumsdiskussion über geschlechtsspezifische Gewalt. Sehr differenziert debattierten Kirsten Böök (Justizministerium Niedersachsen), Lisanne Richter (Catcalls of Hannover), Aktivistin und Autorin Nujeen Mustafa mit Angela Bähr (stellvertretende Geschäftsführerin der DSW) und Anne Schrader (CBM) unter anderem über die Frage, ob Femizid ein eigener Straftatbestand werden sollte.

„Zusammenhang stärker in öffentliche Diskussion rücken“

Im zweiten Teil des Abends wurde dann der unter der Schirmherrschaft von Bundesentwicklungsministerin Svenja Schultze stehende Medienpreis Weltbevölkerung verliehen. Ninia LaGrande stellte die ausgezeichneten Beiträge von Jana Gioia Baurmann, Nadija Drlic, Katrin Gänsler und Andrea Wojtkowiak, Lisa Rauschenberger und Jonas Reese sowie Rebecca Wolfer vor. Sie alle haben sich Themen gewidmet, die im Bereich globale Gesundheit und/oder Geschlechtergerechtigkeit beheimatet sind. „Wir wollen mit unserem Medienpreis den Zusammenhang zwischen Bevölkerungsentwicklung, Armut und Gesundheit in Afrika südlich der Sahara stärker in die öffentliche Diskussion rücken“, sagte Angela Bähr, die gemeinsam mit der stellvertretenden Stiftungsratsvorsitzenden, Renate Bähr, die Preisschalen überreichte. Musikalisch begleitet wurde das ganze Programm von den farbenfrohen und fröhlichen Auftritte der Band HIHEME aus Köln, die sowohl afrikanische als auch feministische Akzente setzte.

Noch bis Mitte Dezember sind im Pavillon die beiden Fotoausstellungen zu sehen: „Silent Tears“ des australischen Künstlerkollektivs um Belinda Mason, die sich eindrucksvoll der Thematik geschlechtsbasierter Gewalt und besonderen Vulnerabilität von Frauen mit Behinderung annähert, und “Von der Stille zur Stärke”, mit  Frauenportraits des kenianischen Fotografen Brian Otieno, der für die DSW in Ostafrika arbeitet Weitere Informationen zu den Ausstellungen gibt es auf der offiziellen Website des Pavillons Hannover.

Nils Hartung

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Kenia: Jugendliche leben nicht im Vakuum – sie brauchen Unterstützung von uns allen

Blog | 13. August 2022 | #Diskriminierung #Empowerment

Gastbeitrag von Evelyn Samba

Von jungen Menschen wird gerne behauptet, sie seien entweder zu jung oder zu unreif, um bestimmte Dinge tun zu können. Ausdrücke wie „die Jugend von heute“ und „diese Generation“ werden von der älteren Generation häufig negativ besetzt.

Doch schaffen gerade solche Aussagen ein Umfeld, in dem sich die Jugendlichen überfordert fühlen und in dem ihnen die Möglichkeit verwehrt wird, zu lernen und sich zu entwickeln – das muss sich ändern.

Die Volks- und Wohnungszählung 2019 in Kenia hat gezeigt, dass etwas mehr als 11,6 Millionen Menschen des Landes zwischen 18 und 35 Jahre alt sind. Diese Altersgruppe steht vor Herausforderungen wie Arbeitslosigkeit, Ungleichheiten in Gesundheit und Bildung sowie Armut und den damit verbundenen Folgen. Die Diskriminierung aufgrund ihres Alters hat daher verschiedenste Konsequenzen, die sich auf ihr Wachstum und ihre Entwicklung auswirken. Um diese Herausforderungen zu meistern, brauchen die Jugendlichen jede erdenkliche Hilfe.

Der Bericht über Altersdiskriminierung der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2021 weist darauf hin, dass diese Diskriminierung, die Gesundheit und das Wohlergehen jedes Einzelnen – ob jung oder alt – beeinträchtigt. Sie ist ein Hindernis für die Umsetzung wirksamer politischer Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Diskriminierung fördern. Der Bericht definiert Altersdiskriminierung als eine Situation, in der das Alter dazu benutzt wird, Menschen in einer Weise zu kategorisieren, die zu, Benachteiligung und Ungerechtigkeit führt und die Solidarität zwischen den Generationen untergräbt.

Die kenianische Verfassung ist in Bezug auf Gleichberechtigung und Diskriminierung eindeutig, denn sie sieht in Kapitel 4 vor, dass der Staat und andere Personen niemanden aus irgendeinem Grund, einschließlich des Alters, unmittelbar oder mittelbar diskriminieren dürfen. Sie sieht auch vor, dass der Staat gesetzgeberische und andere Maßnahmen ergreift, wie z. B. positive Maßnahmen und Strategien zur Beseitigung von Diskriminierung, um diese Rechte zu gewährleisten.

Das diesjährige Thema des Internationalen Tags der Jugend ruft zur Solidarität zwischen den Generationen auf: Eine Welt für alle Altersgruppen zu schaffen. Es ist an der Zeit, die Kluft zwischen den Generationen zu überwinden. Junge Menschen leben nicht in einem Vakuum; sie lernen und entwickeln sich innerhalb der Gesellschaft. Ohne die Unterstützung dieser Gesellschaft bekommen sie die Auswirkungen von Altersdiskriminierung oft noch stärker zu spüren. Einige dieser Folgen sind nachhaltig, sie beeinträchtigen das Zugehörigkeits- und Selbstwertgefühl der Jugendlichen und führen zu noch mehr Ungleichheiten im späteren Leben.

Es ist daher unserer Verantwortung, als staatliche und nicht staatliche Akteure, politische Maßnahmen zu entwickeln und Gesetze zu erlassen, die die Jugendlichen einbeziehen und ihre Bedürfnisse berücksichtigen. Zudem müssen wir ein Umfeld schaffen, das es jungen Menschen ermöglicht, eine Führungsrolle in der Politik, im Unternehmertum, im Beruf und in anderen Lebensbereichen zu übernehmen. Sie müssen sich auch um ihre Gesundheit kümmern, einschließlich der reproduktiven Gesundheit, die ein wichtiger Faktor für ihr Wohlbefinden ist. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass junge Menschen auf allen Ebenen der Gesellschaft Informationen und Dienstleistungen erhalten, damit sie fundierte Entscheidungen treffen können.

Wir müssen auch bei der Schaffung von sicheren und integrativen Räumen, in denen alle Generationen ohne Diskriminierung und Stigmatisierung interagieren können, eine Vorreiterrolle spielen. Dies beginnt mit Gesprächen über das Altern, die gesünder und umfassender sind, denn auch junge Menschen tragen durch die Diskriminierung älterer Menschen zur Altersdiskriminierung bei. Daher brauchen wir eine Plattform, auf der alle gleichbehandelt werden, damit generationenübergreifende Probleme angesprochen und dauerhafte Lösungen gefunden werden können. Diese wird auch ein offener Kanal sein, durch den die Gesellschaft die Auswirkungen von Altersdiskriminierung in allen Altersgruppen erfährt und ein Verständnis entwickeln kann für die Faktoren, die dieses Phänomen antreiben und wie man damit umgeht.

Altersdiskriminierung überschneidet sich mit anderen Formen der Voreingenommenheit, wie z. B. dem Sexismus. Daher müssen wir all diese Faktoren, die junge Menschen daran hindern, ihr volles Potenzial auszuschöpfen und einen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung zu leisten, auf mehreren Ebenen und mit unterschiedlichen Schwerpunkten angehen. Wir müssen uns bemühen, das Bewusstsein zu schärfen, indem wir die für jede Altersgruppe die am besten geeigneten Kanäle nutzen, um auf Diskriminierung wegen des Alters und damit verbundene Faktoren hinzuweisen.

All dies kann nicht ohne Forschung und Datenerhebung erreicht werden, die die Grundlage für die Formulierung und Umsetzung politischer Maßnahmen sowie für die Mobilisierung von Ressourcen bilden. Wichtig ist, dass die verschiedenen Interessengruppen schon heute gemeinsam handeln, um sicherzustellen, dass Diskriminierung aufgrund des Alters gar nicht erst vorkommt.

Wir können junge Menschen nicht befähigen, ohne sinnvoll mit ihnen zusammenzuarbeiten, ihre Probleme anzusprechen und ihr Wohlergehen und ihre Entwicklung zu fördern.

Und wie UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte: „Die Bekämpfung von Altersdiskriminierung ist entscheidend für die Schaffung einer gleichberechtigteren Welt, in der die Würde und die Rechte jedes Menschen geachtet und geschützt werden.

Dieser Artikel wurde von Evelyn Samba, Direktorin der DSW Kenia, verfasst und erstmals am 12. August 2022 im Standard veröffentlicht.

DSW

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Stiftungsallianz für Afrika (SAfA) geht an den Start

Blog | 19. Oktober 2021 | #Äthiopien #Empowerment #Entwicklungspolitik #Gesundheit #Globale Gesundheit #SAFA

Der 17. und 18. August 2021 waren aufregende Tage für die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW). Ein Eröffnungsworkshop mit Planungssitzung in Bahir Dar, der Hauptstadt der Region Amhara (Äthiopien), setzte den Startschuss für ein neues entwicklungspolitisches Vorhaben: die Stiftungsallianz für Afrika (SAfA) gGmbH. „Die SAfA setzt ambitionierte Ziele, die sich an der Lebensrealität von jungen Menschen im Alter zwischen 15 und 29 Jahren orientieren. Wir stehen mit vollem Einsatz und zu einhundert Prozent für die Ziele der SAfA ein“, erklärt Feyera Assefa, Direktor im äthiopischen Länderbüro der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW) in der Eröffnungsrede. In den besonders bevölkerungsreichen Regionen Amhara und Oromia verbessert die SAfA in einem ersten gemeinsamen Projekt die Lebensperspektiven von jungen Menschen. Das Projekt heißt „Enhancing livelihood prospects for young people in Ethiopia“ und fasst drei Anknüpfungspunkte ins Auge. Einer ist Gesundheit, körperliche Selbstbestimmung und freiwillige Familienplanung, ein weiterer ist Landwirtschaft und Einkommenssicherung und schließlich liegt ein dritter Schwerpunkt in den Bereichen Bildung und Logistik.  Finanziert wird es vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie den vier Stiftungen, die die SAfA bilden: der Rossmann Stiftung, der Kühne Stiftung, der Max und Ingeburg Herz Stiftung und der Hanns R. Neumann Stiftung. Die Hanns R. Neumann Stiftung Äthiopien, die Elias Melake Stiftung und die DSW Äthiopien setzen das Projekt in den kommenden vier Jahren um.

Warum braucht es eine Allianz aus mehreren Organisationen?

Die Herausforderungen, denen junge Menschen in Äthiopien begegnen, sind vielfältig. Viele finden weder auf dem Land noch in der Stadt die Bedingungen vor, die sie für einen guten Start ins Erwachsenenleben brauchen. Eine einzelne Organisation kann das nicht immer leisten. Beispielsweise fehlen vielen Jugendlichen ausreichende Bildungsangebote. Eine gute Bildung ist die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben und ein sicheres Einkommen. Um wenigstens Mädchen versorgt zu wissen, verheiraten Eltern ihre Töchter oft bereits im Teenageralter. Was vermeintlich „gut gemeint“ ist, endet für viele Mädchen und junge Frauen in viel zu frühen Ehen, die nicht auf Augenhöhe stattfinden und in denen sie wenig Mitspracherecht haben – zum Beispiel wenn es um die Anzahl ihrer Kinder geht. Oft werden die Mädchen dann auch bereits im Teenageralter schwanger, was auch körperliche Folgen nach sich ziehen kann. Mädchen, die vor ihrem 18. Lebensjahr entbinden, sind zum Beispiel unverhältnismäßig oft von Geburtskomplikationen wie Scheidenfisteln betroffen. Um all diesen Herausforderungen beizukommen, braucht es Bildung, Sexualaufklärung, aber auch Perspektiven für ein regelmäßiges Einkommen. In einer Allianz können all diese Aspekte angegangen werden. Das zeigt das erste Projekt der SAfA.

Das erste SAfA-Projekt „Enhancing livelihood prospects for young people in Ethiopia“

Bildung und Sexualaufklärung führen dazu, dass gängige Geschlechterrollen hinterfragt werden und Frauen und Mädchen selbstbestimmtere Entscheidungen in Bezug auf ihre Partnerwahl und die Anzahl ihrer Kinder treffen. Im Projekt deckt die DSW Äthiopien diese Bereiche ab. Die Hanns R. Neumann Stiftung hingegen bildet die Jugendlichen in der Landwirtschaft aus und unterstützt sie dabei, Businesspläne für landwirtschaftliche Betriebe zu erstellen. Damit haben junge Menschen echte Zukunftsperspektiven und können sich besser vor Armut schützen. Die Elias Melake Stiftung bietet den Jugendlichen Weiterbildungen in den Bereichen Lieferketten und Geschäftsbeziehungen an. Sie bekommen so das nötige Knowhow in die Hand, um ihre Unternehmen auszubauen und Synergien mit anderen Unternehmer*innen zu bilden. „Mit mehrgleisigen Ansätzen haben wir schon bei dem TeamUp-Programm sehr gute Erfahrungen gemacht“, erklärt Angela Bähr, Programmdirektorin der DSW, „so können wir Programme umsetzen, die die unterschiedliche Bedarfe von zahlreichen Jugendlichen und Jungerwachsenen ansprechen. Das kommt den Jugendlichen in ihrer gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung direkt zugute! Die SAfA ist ein tolles Modell für nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit, die auch die Fragen der Bevölkerungsdynamik aufgreift. Ich freue mich auf die kommenden vier Jahre und hoffe auf viele weitere.“

SAfA setzt auf Zusammenarbeit mit den Regionalregierungen

In Amhara und Oromia leben viele junge Menschen. 70.000 von ihnen sollen Zugang den Angeboten des Projekts bekommen. Damit das gelingt, müssen die Entwicklungsorganisationen auch regionale Behörden von ihren Aktivitäten überzeugen und gut mit ihnen zusammenarbeiten. Entsprechend lang war die Gästeliste für den Eröffnungsworkshop in Bahir Dar. 58 Teilnehmende nahmen in den Stuhlreihen des Veranstaltungsraumes Platz. Neben Mitarbeitenden der Bündnispartner waren auch Repräsentant*innen des äthiopischen Gesundheitsministeriums, dem Ministerium für Frauen, Kinder und Jugend und der amharischen Regionalverwaltung vor Ort. Sie bekamen nicht nur eine Einführung in das Konzept, sondern erfuhren auch, welche konkreten Maßnahmen die ausführenden Organisationen umsetzen. Ein Überblick, wie die Projektpartner ihre Erfolge messen, bildete den Abschluss der zweitägigen Veranstaltung.

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DSW

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Renate Bähr erhält Auszeichnung für Lebenswerk

Blog | 02. Juli 2021 | #Deutsche Stiftung Weltbevölkerung #Empowerment #Entwicklungspolitik #Entwicklungszusammenarbeit #Renate Bähr

Es ist eine Auszeichnung für herausragendes persönliches Engagement: Die EINE-WELT-Medaille. Am 24. Juni 2021 hat Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller die EINE WELT-Medaille an Renate Bähr verliehen. Die ehemalige und langjährige Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW) freut sich sehr über diese besondere Auszeichnung ihres Lebenswerkes.

Neben Bährs Lebenswerk würdigt Bundesentwicklungsminister Gerd Müller mit dieser Auszeichnung insbesondere ihr außerordentliches Engagement für die Nachhaltigkeitsziele. „Es ist eine große Ehre für mich, dass der Bundesminister mit dieser Auszeichnung die besondere Bedeutung der sozialen Nachhaltigkeit hervorhebt, darunter insbesondere die Erreichung von Geschlechtergerechtigkeit sowie sexueller und reproduktiver Gesundheit. Wir konnten schon viel erreichen und müssen nun dafür Sorge tragen, dass die Auswirkungen der Pandemie die Fortschritte nicht wieder zunichtemachen,“ sagt Renate Bähr.

Renate Bähr war von 2008 bis 2020 Geschäftsführerin der DSW. Bereits 1995 startete ihr Einsatz für die von Erhard Schreiber und Dirk Rossmann im Jahr 1991 gegründete Stiftung, für die sie bis 1998 als Pressesprecherin tätig war. In der Zeit von 1998 bis 2008 war sie stellvertretende Geschäftsführerin.

Die Medaille wurde durch den Bundesentwicklungsminister zum zweiten Mal verliehen. Sie zeichnet herausragendes persönliches Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit aus. Neben Renate Bähr erhielten noch drei weitere Personen die EINE-WELT-Medaille in Gold: Bärbel Dieckmann (ehemalige Präsidentin der Welthungerhilfe), Olaf Tschimpke (Vorsitzender von NABU International) und Edith von Welser-Ude (Publizistin).

DSW

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Initiative “Gender Champions”: DSW unterstützt Sichtbarkeit von Frauen auf Expert*innenpanels

Blog | 05. März 2021 | #Empowerment #Entwicklungspolitik #Feminismus #Geschlechtergerechtigkeit

Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) hat sich der Initiative “Gender Champions” des Verbandes Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V. (VENRO) angeschlossen. Diese lehnt sich an ihr Vorbild der “International Gender Champions” an. Damit erteilen wir Panels wie zum Beispiel Podiumsdiskussionen auf Fachveranstaltungen, TV-Runden, Pressekonferenzen und anderen Debatten-Formaten, bei denen nur Männer anwesend sind, von nun an eine Absage. So leisten wir einen Beitrag für mehr Geschlechtergerechtigkeit und fördern die Sichtbarkeit von Frauen in Expert*innen-Runden. 

Aus Manels sollen Panels werden

Noch immer sprechen bei Panels allzu oft reine Männer-Gruppen – die Panels sind dann sogenannte Manels. Frauen und Personen anderen Geschlechts werden weniger als Expert*innen wahrgenommen und häufig gar nicht erst angefragt. Die Genderbalance ist dadurch noch viel zu oft unausgeglichen. Mit der Teilnahme an der Initiative “Gender Champions” stellt die DSW ihre Fachexpertise bei reinen Manels von jetzt an nicht mehr zu Verfügung. Unsere Gremien sowie die Geschäftsführung, politische Fachreferent*innen und andere Mitarbeiter*innen treten von nun an nur noch auf Panels auf, bei denen auf eine ausgewogene Genderbalance geachtet wird. Mindestens eine Person muss nicht-männlich sein, damit eine Teilnahme in Frage kommt.  

Angela Bähr, Programmdirektorin und stellvertretende Geschäftsführerin der DSW.

Ein Zeichen für Geschlechtergerechtigkeit und Diversität

„Ich bin Gender Champion, weil die gerechte Teilhabe von Frauen an allen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen längst an der Zeit ist! Gerade in der Entwicklungszusammenarbeit, wo die Analyse und Beseitigung von Ursachen und Folgen fehlender Geschlechtergerechtigkeit einen großen Raum einnehmen, muss Genderbalance ganzheitlich gelebt werden”, sagt Angela Bähr, die als Programmdirektorin und stellvertretende Geschäftsführerin der DSW selbst Mitglied des VENRO-Vorstandes ist, und häufig zu Fachveranstaltungen eingeladen wird. “Durch meine Teilnahme an einem Panel kann es schonmal zwar kein reines Manel mehr sein, doch ich wünsche mir mehr als das: Bei jeder Veranstaltungsplanung sollte angestrebt werden, dass die Teilnehmenden möglichst vielfältig sind – dabei denke ich nicht nur an das Geschlecht sondern z.B. auch an die Hautfarbe, das Alter oder Menschen mit Behinderungen.” 

Jan Kreutzberg, Geschäftsführer der DSW.

Stärkung von Frauen – nicht nur in der Projektarbeit

“In unseren Projekten in Ostafrika arbeiten wir unermüdlich daran, dass Frauen selbst über ihr Leben, ihren Körper und ihre Kinderzahl bestimmen können – durch Sexualaufklärung, die Verbesserung ihrer Rechte, einen besseren Zugang zu Verhütungsmitteln und mehr Selbstbestimmung bei der Familienplanung”, erklärt DSW-Geschäftsführer Jan Kreutzberg. “Fehlende Gleichberechtigung ist eine Hauptursache dafür, dass der Bedarf für unsere Arbeit so groß ist. Der Einsatz für mehr Geschlechtergerechtigkeit weltweit bestimmt auch unsere politische und Pressearbeit. Daher ist selbstverständlich, dass wir die VENRO-Initiative ‘Gender Champions’ tatkräftig unterstützen und bei unseren eigenen Veranstaltungen umsetzen. Ich bin Gender Champion, weil ich davon überzeugt bin, dass Diskussionen im Bereich Entwicklungspolitik nur positive globale Veränderungen voranbringen können, wenn nicht nur das männliche Geschlecht vertreten ist. Schließlich wird bei solchen Panels nicht selten über die Überwindung von Ungerechtigkeiten durch tief verwurzelte Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern gesprochen.”  

Malene Hummel

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5 Fragen – 5 Antworten zu Kinderehen

Blog | 28. März 2018 | #Empowerment #Feminismus #Geschlechtergerechtigkeit #Kinderehe

Fakten über Kinderehen und Frühverheiratung

Jedes Jahr werden

12 Mio.

Mädchen weltweit in eine Kinderehe gezwungen.

Derzeit leben

640 Mio.

Mädchen und Frauen, die vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet wurden.

200 Jahre

Pro Jahr werden schätzungsweise

12 Mio.

minderjährige Mädchen verheiratet. Die meisten betroffenen Mädchen leben in Südasien (44 Prozent) und Afrika südlich der Sahara (18 Prozent)

Mehr als

22.000

Mädchen sterben jedes Jahr durch zu frühe Schwangerschaften und Geburten infolge einer Frühverheiratung. Das sind etwa 60 Mädchen pro Tag.

1. Kommen Kinderehen nur in armen Ländern vor?

Kinderehen gibt es auf der ganzen Welt: auf jedem Kontinent, in jeder Kultur und in jeder Religion. Sogar in den Industrieländern – etwa in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien – kommen sie vor. Am verbreitetsten sind Kinderehen jedoch in Entwicklungsländern. Denn einer der wichtigsten treibenden Faktoren ist die Armut. Die Länder in Afrika südlich der Sahara haben den höchsten Anteil an Kinderehen bei jungen Frauen. In einigen Ländern werden noch immer mehr als die Hälfte der Mädchen als Kind verheiratet – in Niger sind es sogar rund drei Viertel. Viele von ihnen sind noch nicht einmal 15 Jahre alt. Global geht die Verbreitung von Kinderehen allmählich zurück: 1980 war noch jedes dritte Mädchen mit 18 Jahren verheiratet, vor zehn Jahren noch jedes vierte, heute ist es nur noch jedes fünfte. Doch noch immer werden jedes Jahr weltweit zwölf Millionen minderjährige Mädchen verheiratet – 33.000 jeden Tag.

2. Sind ausschließlich Mädchen von Kinderehen betroffen?

Man spricht von einer Kinderehe, wenn mindestens einer der Partner das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Das kann sowohl ein Mädchen als auch ein Junge sein. In der großen Mehrheit sind es jedoch Mädchen. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, UNICEF, geht davon aus, dass etwa 82 Prozent der jährlich 15 Millionen Kinderehen auf Mädchen entfallen und 18 Prozent auf Jungen.

Das hängt unter anderem damit zusammen, dass Frauen und Männer beim Mindestheiratsalter nicht gleichgestellt sind. In 146 Staaten erlaubt das Landes- oder Gewohnheitsrecht Mädchen unter 18 Jahren, mit Zustimmung der Eltern oder anderer Instanzen zu heiraten. In 52 Ländern können sogar Mädchen unter 15 Jahren mit elterlicher Erlaubnis heiraten. Jungen hingegen dürfen in 180 Ländern erst mit 18 Jahren heiraten. Auch gesellschaftlich ist eine frühere Heirat von Mädchen oft eher akzeptiert als die von Jungen.

3. Warum werden Kinderehen geschlossen?

Eltern möchten – besonders wenn sie arm sind – mit einer Kinderehe die Zukunft ihrer Töchter absichern. Denn gerade in Entwicklungsländern haben Mädchen oft kaum Chancen auf ein eigenes Einkommen und damit ein eigenständiges Leben. Manche Familien möchten durch Kinderehen Bündnisse schließen oder festigen, Schulden begleichen oder Streitigkeiten beilegen. Einige hoffen, dass ihre Kinder genug eigene Kinder bekommen, damit sie im Alter versorgt sind. In extremen Fällen wollen Eltern mit dem Verkauf des Mädchens Geld verdienen. Eltern entscheiden sich in einigen Regionen auch deshalb für eine frühe Heirat ihrer Töchter, weil dort für jüngere Bräute weniger Mitgift gezahlt werden muss als für ältere Bräute.

Besonders in humanitären Krisen und Kriegswirren schnellt die Zahl von Kinderehen in die Höhe. Denn Eltern sehen in einer frühen Heirat eine Möglichkeit, ihre Töchter vor sexueller Gewalt zu schützen, die in solchen Situationen oft an der Tagesordnung ist.

4. Welche Folgen hat eine Kinderehe für die Mädchen?

Sobald ein Mädchen heiratet, wird meist von ihm erwartet, dass es bald ein Kind bekommt. Ungefähr 90 Prozent der Teenagerschwangerschaften in Entwicklungsländern entfallen auf verheiratete Mädchen. Wird ein Mädchen schwanger, bevor sein Körper ausgereift ist, hat das jedoch oft schwerwiegende Auswirkungen auf seine Gesundheit. Häufig kommt es zu Komplikationen bei der Schwangerschaft oder Geburt, die für rund 70.000 Mädchen in Entwicklungsländern den Tod bedeuten – jedes Jahr! Für Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren ist dies sogar eine der häufigsten Todesursachen.

Wenn ein Mädchen heiratet, muss es zudem oft die Schule oder Ausbildung abbrechen. Das verringert die ohnehin oft mangelnden Chancen auf eine gute Bildung und darauf, ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften. Kinderbräute haben es somit besonders schwer, der Armut zu entkommen.

Und: Im Vergleich zu älteren Frauen sind Kinderbräute aufgrund ihrer schwächeren Position, die sich oft allein aus dem Altersunterschied zum Ehemann ergibt, häufiger häuslicher Gewalt, sexuell übertragbaren Infektionen wie zum Beispiel HIV und ungewollten Schwangerschaften ausgesetzt.

5. Was kann man gegen Kinderehen tun?

Gegenüber Kinderehen darf es keine Toleranz geben. Die meisten Länder haben bereits Gesetze gegen Kinderehen erlassen. Aber solange diese Gesetze nicht durchgesetzt und nicht von der Bevölkerung unterstützt werden, bewirken sie wenig. Deshalb ist es wichtig, insbesondere auf kommunaler Ebene darauf hinzuwirken, dass Kinderehen nicht länger gesellschaftlich akzeptiert werden.

Aber wie? Zum Beispiel …

Entscheidend ist zudem, die Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben und gegen die extreme Armut anzugehen, da sie einer der wichtigsten Gründe für Kinderehen ist. Dazu gehören etwa soziale Sicherheitsnetze für Mädchen und deren Familien, ein verbesserter Zugang zu Bildung, zu Gesundheitsversorgung und zu wirtschaftlichen Chancen.

Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW)