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„Sonst wäre ich schon Vater geworden“ – Emmanuelys Geschichte

Blog | 13. August 2023 | #Frühe Aufklärung #HIV und AIDS #Tansania #Verhütung #Youth4Health

Emmanuely Yusuph Mphalimbega (19) ist Student und lebt bei seiner Adoptivgroßmutter im Dorf Lupiro, Ulanga, Region Morogoro. Ein typischer Tag beginnt für ihn mit seinen Hausarbeiten und dem Gang zur Farm. Emmanuel nimmt die Angebote des Gesundheitszentrums von Lupiro, einer von Youth 4 Health (Y4H) unterstützten Einrichtung in Tansania, in Anspruch. Hier erzählt er seine Geschichte.

„Früher wusste ich wenig über Kondome oder wie ich mich vor sexuell übertragbaren Krankheiten und anderen Infektionen schützen kann. Ein Freund von mir arbeitet als Gesundheitsdienstleister im Lupiro-Gesundheitszentrum und ich lernte das Y4H-Projekt kennen. Er erzählte mir, wie ich zum Beispiel Geschlechtskrankheiten vorbeugen kann und weshalb ich keine Drogen nehmen sollte – auch nicht unter Gruppenzwang. Nach einer Weile ermutigte er mich, ins Gesundheitszentrum zu kommen, um dort weitere Informationen zu erhalten.  Als ich das erste Mal dort war, hatte ich Angst, doch der Empfang war sehr freundlich. Mein Kumpel nahm sich Zeit, um mich über die Sexualität und verschiedene Verhütungsmethoden aufzuklären, und zeigte mir, wie man ein Kondom richtig benutzt. Seitdem nehme ich immer Kondome, wenn ich Sex habe. Wenn ich diese Informationen nicht bekommen hätte, wäre ich wahrscheinlich schon Vater geworden.

Als Student bin ich noch nicht bereit, eine Familie zu gründen. Doch weil meine Partnerin und ich Verhütungsmittel verwenden, können wir sicher sein, uns gegen Schwangerschaft und Krankheiten zu schützen. Immer wenn mir die Kondome ausgehen, gehe ich zum Gesundheitszentrum und hole mir neue. Ich finde es sehr wichtig, dass wir jungen Menschen über Sexualität und Gesundheit aufgeklärt werden, denn das ist der sicherste Weg, um Teenager-Schwangerschaften und Abtreibungen zu verhindern. Um dies zu erreichen, ist es wichtig, dass Jugendliche und Heranwachsende eine aktive Rolle übernehmen und ihre Freunde und Gleichaltrige informieren, aufklären und das Bewusstsein für diese Themen schärfen. Bisher habe ich sechs meiner Freunde dazu gebracht, das Lupiro-Gesundheitszentrum aufzusuchen.“

Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW)

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„Ich bin noch nicht bereit, ein weiteres Kind zu bekommen“ – Zawadas Geschichte

Blog | 11. August 2023 | #Familienplanung #Frühe Aufklärung #HIV und AIDS #Schwangerschaft #Tansania #Verhütung

Im Rahmen des von der Europäischen Union mitfinanzierten Projekts Youth for Health (Y4H) arbeitet die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) mit MSI Tansania, dem Gesundheitsministerium und der Partnerorganisation Sikika  zusammen, um junge Menschen bei ihren Entscheidungen im Bereich Sexualität und Gesundheit zu unterstützen und das Bewusstsein für diese Themen zu schärfen. Eine der Einrichtungen, in denen Jugendliche sich in einem geschützten Raum treffen können und geschult werden, ist das Kivukoni-Gesundheitszentrum in Ulanga in der Region Morogoro. Eine der Teilnehmer*innen ist die 19-jährige Zawada Kassimu Zangamela. Hier, am Internationalen Tag der Jugend am 12. August, erzählt sie ihre Geschichte:

„Ich musste die Schule abbrechen, nachdem ich in der zweiten Klasse schwanger wurde. Auch wenn es keine Komplikationen gab, war es eine schwierige Zeit für mich. Als ich anfing, zur Schwangerschaftsvorsorge ins Kivukoni-Gesundheitszentrum zu gehen, hatte ich Angst davor, was die Mitarbeiter des Gesundheitszentrums sagen würden. Doch überraschender Weise waren sie sehr aufgeschlossen, freundlich und hilfsbereit. Während meiner gesamten Schwangerschaft klärten sie mich über Familienplanung auf, über die verschiedenen Methoden und ihre Vorteile auf.

Nach der Geburt meines Sohnes entschied mich für ein Implantat, um zu verhüten. Mein Sohn ist jetzt drei Monate alt; ich möchte eine bessere Zukunft für ihn. Die Familienplanung wird mir helfen, nicht so schnell wieder schwanger zu werden. Ich bin noch nicht bereit, ein weiteres Kind zu bekommen, da ich finanziell nicht abgesichert bin. Außerdem ist es nicht einfach, eine junge Mutter zu sein. Ich habe viele Verpflichtungen, die ich schon jetzt nur schwer unter einen Hut bringen kann. Ich habe mich dafür entschieden, nicht zur Sekundarschule zurückzukehren. Stattdessen habe ich einen Nähkurs belegt und stehe kurz vor dem Abschluss. Das ist die einzige Möglichkeit, zu arbeiten und für meinen Sohn zu sorgen.

In der Vergangenheit kannte ich nur das, was ich von Freunden und Gleichaltrigen in der Schule über Familienplanung gelernt hatte. Ich wusste nicht viel über die Methoden oder darüber, was Verhütung mit sich bringt. Aber jetzt bin ich mit dem nötigen Wissen ausgestattet und kann diese Dienste im Gesundheitszentrum auch problemlos in Anspruch nehmen. Rückblickend betrachtet hätte ich mich anders entscheiden können, wenn ich Zugang zu den richtigen Informationen und zur Familienplanung gehabt hätte. Mit diesem Wissen hätte ich mich bemüht, meine Ausbildung abzuschließen und eine Arbeit zu finden, bevor ich darüber nachdenke, Mutter zu werden.“

Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW)

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Tabus brechen und die Zukunft gestalten

Blog | 03. Mai 2022 | #Entwicklungszusammenarbeit #Jugendarbeit #SIYET #Tansania

Als Naserian zum ersten Mal in den Jugendklub kam, traute sie ihren Ohren nicht. Wie konnte man so frei über Dinge sprechen, über die in ihrer Kultur doch nie gesprochen wurde, weder von jungen, noch von älteren Menschen: Frühverheiratung im Kindesalter, Teenager- und generell unbeabsichtigte Schwangerschaften und vieles mehr aus dem weiten Feld der sexuellen und reproduktiven Gesundheit. Zuerst, sagt Naserian, sei sie sehr verlegen gewesen, doch dann fing sie an zu begreifen, wie sehr sie das alles betraf, dass auch sie ein Opfer dieses alten patriarchalischen Systems war, das vor allem die Frauen unterdrückt – und dass sie ein Recht hatte, daran etwas zu ändern.

Aufklärung gegen eine lange Tradition

Naserian kommt aus Engarenaibor, einer Hirtengesellschaft im Distrikt Longido in Tansania, ist heute 22 Jahre alt und hat inzwischen nicht nur gelernt, selbst über die vermeidlichen Tabuthemen offen zu sprechen, sondern gezielte Aufklärungsarbeit zu leisten und damit auch andere zum Sprechen zu bringen. In einem Jugendklub der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW) wurde sie zur Beraterin ausgebildet und ist sehr stolz darauf, schon viele Jugendliche aufgeklärt zu haben: „In unserer Kultur ist es normal, dass ein junges Mädchen im Alter von 20 Jahren nicht weniger als zwei Kinder hat und in ein paar Monaten ein weiteres erwartet. Ich sage das, weil ich auch eines der Mädchen bin, die früh verheiratet wurden.“ Damit diese Normen endlich gebrochen werden, ist Naserians großes Ziel, ihr Wissen über sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte und Familienplanung so weit wie möglich zu verbreiten. Und alle, die von ihr gelernt haben, sollen weiterziehen, um so wiederum so viele Jugendliche wie möglich über ihre Rechte aufzuklären.

Champions für die Politik

„Stärkung der Jugend“ nennt auch Mariam ihre wichtigste Aufgabe. Sie ist im Distrikt Meru und Longido Projektverantwortliche von „Supporting Youth Initiative for Youth Empowerment Tanzania“. Das kurz SIYET genannte Programm wendet sich gezielt an Jugendliche wie Naserian, die zu Berater*innen ausgebildet werden, damit sie ohne große Hemmschwellen ihre Altersgenoss*innen über Sexualität, die Gefahr von sexuell übertragbaren Krankheiten, über frühe oder unbeabsichtigte Schwangerschaften und die Möglichkeit einer gesunden und selbstbestimmten Familienplanung aufklären. Einige der Jugendlichen, wie Mariam nicht ohne Stolz berichtet, werden auch zu sogenannten „youth champions“ ausgebildet. Sie überzeugen nicht nur ihre eigene Generation, sondern vor allem auch die Älteren, die in Politik und Gesellschaft etwas zu sagen haben, davon, dass die Normen überholt und Veränderungen dringend geboten sind.

Wege zur Eigenständigkeit

Mindestens so wichtig, wie die Aufklärung ist die wirtschaftliche Eigenständigkeit, vor allem für die Mädchen. Dafür werden in den DSW Jugendklubs und sogenannten „Youth Empowerment Centres“ Trainings zur beruflichen Fortbildung und innovativer Unternehmensführung angeboten . „Aktuell sind es leider noch zu wenige“, wie Mariam betont. „Wir bräuchten noch sehr viel mehr.“ Es gibt also noch einiges zu tun, damit Naserian ihr großes Ziel erreicht: dass die Mädchen ihrer Gemeinschaft nicht mehr als Kinder verheiratet und unbeabsichtigt schwanger werden.

Nicole Langenbach