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Newsticker: Trumps USA und die Zukunft der Entwicklungszusammenarbeit

USAID-Mitarbeitende sollen Dokumente schreddern

Die Vorgehensweise der Trump-Administration gegen die US-Behörde für Entwicklungszusammenarbeit treibt offenbar immer skurrilere Blüten. Wie die „Frankfurter Rundschau“ jetzt mitteilte, wurden USAID-Mitarbeiter*innen angewiesen, interne Dokumente zu vernichten. Das geht aus einer Anweisung der Behörde hervor.  Laut einer E-Mail, die der „Washington Post“ vorliegt, hat ein leitender USAID-Beamter die Mitarbeitenden aufgefordert, Dokumentein der Zentrale der Organisation in Washington zu vernichten oder zu verbrennen – darunter auch Dokumente, die sich auf Mitarbeitende der Behörde beziehen, und solche, die in Safes für Verschlusssachen aufbewahrt werden. 

Der Abgeordnete Gregory W. Meeks (New York), führender Demokrat im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Repräsentantenhauses, sagte, die Regierung scheine sich nicht an das Bundesarchivgesetz zu halten, das den Umgang mit Regierungsdokumenten und anderem Material regelt. „Das willkürliche Schreddern und Verbrennen von USAID-Dokumenten und Personalakten scheint eine willkommene Möglichkeit zu sein, Beweise für fehlerhaftes Verhalten loszuwerden, wenn man die Behörde illegal auflöst“, sagte Meeks in einer Erklärung.  

Druck auf LGBTQ+-Community wächst – auch durch Milliarden aus USA

Nicht nur Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe stehen nach der Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten unter massivem Druck – auch die Situation für die LGBTQ+-Gemeinschaft – etwa in Uganda – verschlechtert sich zusehends. In dem Land gilt jetzt schon eines der restriktivsten Anti-LGBTQ+-Gesetze der Welt, auch durch den hohen Einfluss evangelikaler Christen aus den USA. Diese haben die Kampagnen vor Ort über viele Jahre gefördert. Und mit Trumps zweiter Amtszeit dürfte ihr Einfluss zunehmen. Denn viele der Gruppen haben Verbindungen zu Trump.

Laut einer Untersuchung des Portals Open Democracy haben mehr als 20 christliche Gruppen aus den USA allein zwischen 2007 und 2020 mindestens 54 Millionen US-Dollar in afrikanischen Ländern investiert, berichtet die „Tagesschau“. Fast die Hälfte davon floss demnach nach Uganda. Um die ugandischen Gesetzgeber beeinflussen zu können, flögen die US-amerikanischen Evangelikalen manchmal sogar Parlamentsabgeordnete und Politiker*innen in die USA, um sie mit ihrer evangelikalen Basis dort zusammenzubringen. 

USAID verliert 83 Prozent seiner Projekte

Unterdessen sind die Zahlen aus Washington konkreter geworden – und erschreckender: Die USA werden 83 Prozent ihrer internationalen Entwicklungshilfe unter dem Dach der Behörde USAID einstellen, berichtet „zeit.de“. Von den ursprünglich rund 6.200 Projekten sollen nur noch etwa 1.000 fortgeführt werden – künftig unter der Aufsicht des Außenministeriums.

Welche Folgen haben USAID-Streichungen? Ein Blick nach Uganda

Was versteckt sich eigentlich hinter den ganzen großen Zahlen der letzten Wochen? Was bedeuten die Streichungen der US-Finanzmittel im Bereich Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe für die Menschen vor Ort? Wir haben uns in Uganda, einem der Länder, in dem wir als Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) mit unserer Partnerorganisation Action 4 Health Projekte umsetzen, umgehört. Die Aussichten sind erschreckend – vor allem im Hinblick auf HIV/Aids. Die HIV-Prävention in Uganda erhält einen empfindlichen Rückschlag, denn unverzichtbare Kampagnen zur Aufklärung, die junge Menschen über HIV informieren, stehen vor dem Aus.

Erschwerter Zugang zu ART

Derzeit sind etwas mehr als 1,2 Millionen Menschen in Uganda auf die sogenannte ART angewiesen, die im Großteil von USAID (US-Behörde für Entwicklungszusammenarbeit) finanziert wurde. Hinter „ART“ verbirgt sich die antiretrovirale Therapie. Diese Therapie unterdrückt die Vermehrung der Viren im Körper. Durch die fehlenden Gelder ist der Zugang zu diesem lebenswichtigen Medikament für Abertausende Menschen allerdings extrem schwer geworden.

Patient*innen teilen Medikamente – mit Folgen

Was ist die Folge? Improvisation. Zum Beispiel sind Patient*innen jetzt gezwungen, ihre Medikamente zu rationieren. Doch das verringert die Wirksamkeit und fördert Resistenzen. Einige Betroffene teilen sich mittlerweile ihre Medikamente – auch das gefährdet die Therapieergebnisse. Und nicht zuletzt werden die Allerjüngsten leiden. Denn das Risiko neugeborener Kinder in Uganda, mit HIV infiziert zu werden, wird ansteigen – nicht zuletzt auch durch mangelnde Aufklärung.

USA wollen SDGs der UN offenbar nicht länger mittragen

Dieser Schritt ist dann wohl auch keine große Überraschung mehr: Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen (UN) sowie die darin vereinbarten 17 SDGs (Sustainable Development Goals – Nachhaltige Entwicklungsziele, d. Red.) finden vor der neuen US-Administration keine Gnade. „Präsident Trump hat eine überfällige Kurskorrektur in Bezug auf Gender- und Klimaideologie vorgenommen, die sich durch die SDGs zieht“, erklärte ein hochrangiger Vertreter der US-Delegation am Dienstag vor der UN-Generalversammlung. „Daher lehnt die Regierung der Vereinigten Staaten die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sowie die SDGs ab und verurteilt sie ausdrücklich.“ Die Agenda 2030 ist im Jahr 2016 in Kraft getreten. Sie benennt 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung – unter anderem den Kampf gegen Armut, Hunger sowie für Gesundheit und Geschlechtergerechtigkeit. Sie soll weltweit der Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung auf wirtschaftlicher, ökologischer sowie sozialer Ebene dienen.

Hier finden Sie ein Interview mit weiteren Informationen zu den SDGs und ihrer Umsetzung.

Kampf gegen NTDs gefährdet – Wissenschaft schlägt Alarm

Nicht nur die Einstellung der Finanzierung von humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit ist von der Neuausrichtung der US-Regierung bedroht – auch die Wissenschaft schlägt Alarm. Das Deutsche Netzwerk gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten (DNTDs) etwa äußert große Besorgnis über die plötzliche Einstellung der USAID-Finanzierung für Programme zur Bekämpfung dieser Krankheiten. Aktuell sei die Versorgung mit lebensrettenden Maßnahmen in 20 Ländern betroffen, es würde die Erforschung neuer Medikamente, Impfstoffe, Diagnostika und Interventionen gegen NTDs weiter reduziert und klinische Studien abrupt gestoppt. 

„Verheerende Auswirkungen“

„Die Einstellung der Finanzierung durch USAID hätte verheerende Auswirkungen auf den Kampf gegen NTDs“, warnt Prof. Dr. Achim Hörauf in einer Stellungnahme auf der Website des Netzwerks. Hörauf ist Sprecher des DNTDs und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Parasitologie an der Uniklinik Bonn. „Ohne diese Unterstützung drohen Rückschläge bei der Behandlung und Prävention, was zu einem Wiederaufleben vermeidbarer Krankheiten führen könnte. Die SARS-CoV-2-Pandemie hat uns gezeigt: jedes Jahr, in dem wir diese Programme nicht durchführen, wirft uns wieder um etliche Jahre zurück.“

US-Finanzierung spielte zentrale Rolle – bislang

Das Netzwerk fordert die internationale Gemeinschaft auf, die Finanzierungslücken zu schließen und langfristige Maßnahmen zur Sicherung der NTD-Programme zu ergreifen. Hörauf betont, dass es nicht hinnehmbar sei, wenn Millionen von Menschen den Zugang zu lebensrettenden Behandlungen verlieren.  Die US-Finanzierung spielte bislang eine zentrale Rolle im Kampf gegen NTDs – insbesondere bei der Bereitstellung von Medikamenten, der Forschung und der Koordination mit lokalen Gesundheitssystemen. Die USA haben mit ihren Programmen laut DNTDs weltweit über 3,3 Milliarden Behandlungen in die Tat umgesetzt und so Millionen von Menschen vor Tropenkrankheiten geschützt.


Der Kreuzzug geht weiter: USA streichen Geld für UNFPA und UNAIDS

Die Hiobsbotschaften reißen nicht ab – ganz im Gegenteil: Es wird schlimmer. Nur wenige Tage nach den ersten Meldungen über die eingefrorenen Mittel für Hilfsprogramme von USAID hat die Administration von US-Präsident Donald Trump die Finanzierung mehrerer Gesundheitsprogramme komplett eingestellt. Betroffen sind unter anderem der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA), enger Partner der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW), sowie das HIV/Aids-Programm UNAIDS. Die Begründung klingt bekannt: „Im Interesse der US-Regierung“ und „aufgrund nationaler Interessen“ seien die Entscheidungen getroffen worden, zitiert „The Guardian“.

„So viel Gutes erreicht“

Dies hat eine enorme Tragweite. Die Gefährdung der Gesundheitsversorgung von Millionen Frauen und Mädchen sowie die globale Bekämpfung von HIV stehen auf dem Spiel. Die US-Regierung trug bislang zwei Drittel der gesamten internationalen Finanzierung zur HIV-Prävention in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Entsprechend erschüttert fallen dann auch die ersten Reaktionen aus. Natalia Kanem, Direktorin von UNFPA, erklärte in einer Stellungnahme: „In den mehr als fünf Jahrzehnten unserer engen Zusammenarbeit mit den USA, einem der Gründungspartner, wurde so viel Gutes erreicht. Diese verheerende Entscheidung wird Tausende von Kliniken zur Schließung zwingen.“

Winnie Byanyima, Leiterin von UNAIDS, sagte dem „Guardian“: „Jede Kürzung stört lebensrettende Präventionsprogramme ernsthaft, was das Risiko für neue Infektionen erhöht und den Fortschritt bei der Bekämpfung von Aids rückgängig macht.“ Durch den Wegfall der US-Hilfen drohen dazu weltweit Millionen Frauen den Zugang zu Verhütung, pränataler Versorgung und sicherer Geburtshilfe zu verlieren. Der Effekt liegt auf der Hand: Ungewollte Schwangerschaften und unsichere Abtreibungen werden zunehmen, auch die Müttersterblichkeit wird steigen.

Kanem verweist auf Vorzüge von Investitionen

Welche Auswirkung die US-Gelder (und ihr jetziges Ausbleiben) haben, zeigt das Guttmacher-Institut in einer Stellungnahme auf. „In den letzten neun Jahren hat der Kongress konsequent jährlich 607,5 Millionen US-Dollar an Auslandshilfe für Familienplanung bereitgestellt, darunter 32,5 Millionen US-Dollar für den UNFPA“. Geschätzt sollten diese Mittel im Jahr 2025 rund 47,6 Millionen Frauen und Mädchen moderne Verhütung ermöglichen. Umso tragischer, dass diese Planungen nun der Vergangenheit angehören. Natalia Kanem (UNFPA) verweist dann auch auf die langfristigen Folgen der fatalen Entscheidung aus dem Trump-Lager: „Unzählige Studien zeigen, dass Investitionen in die freiwillige Familienplanung und die reproduktive Gesundheit zu wirtschaftlichen Erträgen in Höhe von Hunderten von Milliarden führen, wenn Mädchen ihre Ausbildung fortsetzen und Frauen in der Arbeitswelt aufsteigen. Dies wiederum trägt zu Frieden und Wohlstand bei, worauf die Menschen in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt angewiesen sind.“

Trumps unterlassene Hilfeleistungen

Die Entscheidung des US-Präsidenten Donald Trump, Programme der Behörde USAID für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit weltweit auszusetzen, wird Menschenleben kosten – und zwar viele Menschenleben. Und das ist zwar das Schlimmste, aber noch längst nicht alles: Die Maßnahmen zerstören gewachsene Strukturen, gefährden medizinische Versorgung, aber auch ganze Gesundheitssysteme. Ein Blick nach Subsahara-Afrika – dorthin, wo das Geld fehlen wird.

Bislang finanzierte die United States Agency for International Development (USAID), die Behörde der Vereinigten Staaten für Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Projekte und Hilfsangebote in rund 120 Ländern in einer Größenordnung von etwa 40 Milliarden Dollar pro Jahr – vor allem in den ärmsten Regionen der Welt, wie Subsahara-Afrika. „Laut UNAIDS ist der Kampf gegen HIV in Äthiopien mit am stärksten von den Streichungen betroffen.“, berichtet Esayas Gebre-Meskel aus dem DSW-Länderbüro, der nach dem Vorstoß aus Washington eine „große Gesundheitskrise“ in seiner Heimat befürchtet: „Etwa 94 Prozent der HIV-Infizierten, die eine Therapie erhalten, werden ohne die USAID-Mittel in naher Zukunft wahrscheinlich keine Behandlung mehr bekommen.“ Alleine in Äthiopien würden nach Angaben von UNAIDS etwa 503.000 Menschen mit Medikamenten behandelt, die von USAID finanziert werden, so Gebre-Meskel weiter.

Verunsicherung und Angst allerorten

In Uganda sieht es nicht besser aus, berichtet eine Mitarbeitende des dortigen Länderbüros der DSW-Partnerorganisation Action4Health. „HIV-Patienten erhalten nun eine drei- bis sechsmonatige Behandlung, um den Zeitraum zu überbrücken, in dem die von den USA finanzierten Projekte eingestellt werden“, sagt sie. Zuvor bekamen die Patienten eine monatliche Behandlung. Allgemein herrsche große Unsicherheit, auch bei den Mitarbeitenden und dem medizinischen Personal. „Bei allen von USAID finanzierten Organisationen ist das Personal für drei Monate freigestellt. Das bedeutet, dass viele ihre Lebensgrundlage verloren haben und nun auf andere Einkommensquellen angewiesen sind“, so die Mitarbeiterin weiter. Finanzierungen von Gesundheitseinrichtungen sind gefährdet.

Aus dem benachbarten Kenia hört man, das in Summe geschätzte 40.000 Arbeitsplätze direkt betroffen seien. DSW-Vorständin Angela Bähr, derzeit vor Ort in Kenia, berichtet von einer sehr prekären Situation: „Zahlreichen Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen wurde aufgrund der Aufkündigung der USAID-Finanzen bereits gekündigt. In der vergangenen Woche hat die DSW gemeinsam mit ihrer Partnerorganisation Youth for a Sustainable World ein Jugendgesundheitszentrum in Nakuru im Südwesten des Landes eröffnet. Hier mussten bereits 14 Mitarbeitende entlassen werden“, so Bähr.

„Diese Zeit haben die Menschen nicht“

Nun improvisieren die Menschen vor Ort so gut es geht – vor allem mit Hilfe der UN. Organisationen wie etwa UNFPA würden die betroffenen Projekte und Einrichtungen so gut wie eben möglich unterstützen, heißt es etwa aus Äthiopien. Eine beruhigende Perspektive ist das allerdings kaum, nicht nur, weil die Situation ohne die finanzielle Unterstützung aus den Vereinigten Staaten aller Voraussicht nach andauern wird, sondern auch der UN-Behörde selbst die Streichung der US-Gelder droht.

Das Einfrieren der amerikanischen-Entwicklungsgelder trifft auch die Wasserversorgung und wird absehbar zu einer Verschärfung von Hungersnöten führen. So hat in Äthiopien die von USAID finanzierte Aktion gegen den Hunger zum ersten Mal in den 40 Jahren ihres Bestehens ihr Nahrungsmittelhilfeprogramm in der von Dürre bedrohten Region Gambella, eingestellt, berichtet DSW-Mitarbeiter Gebre-Meskel.

Die neue US-Regierung verfolgt mit ihrer rigorosen Vorgehensweise vorgeblich das Ziel, die US-Verwaltung zu verkleinern – zumindest ist das die offizielle Lesart. Anfang Februar wurde ein Großteil des Personals von USAID beurlaubt, seit 24. Februar steht nach juristischem Tauziehen fest: Diese Entscheidung hat Bestand – beim Stopp der Finanzhilfen steht eine endgültige Entscheidung, wie es weitergehen soll, noch aus. Und das bedeutet Verzögerungen und Zeitverlust, unter dem gerade die am stärksten betroffenen Menschen zu leiden haben. „Es braucht dringend Übergangslösungen für die Aids-Betroffenen und entsprechende Präventionsprogramme vor allem für die jugendliche Bevölkerung. Alternative interne und externe Lösungsmodelle brauchen Zeit – diese Zeit haben die Menschen, die auf Behandlung angewiesen sind, aber nicht“, sagt DSW-Vorständin Bähr.

Die USA sind (bzw. waren) der größte Geldgeber für internationale humanitäre Hilfe und kamen für etwa 40 Prozent des weltweiten Budgets auf. USAID wurde am 3. November 1961 vom damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy gegründet.

Nils Hartung

Senior Referent Presse- & Öffentlichkeitsarbeit

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