

Welt-Tuberkulose-Tag 2025: Stillstand ist keine Option
Tuberkulose (TB) ist zurück an der Spitze. Nachdem COVID-19 drei Jahre lang die laut Weltgesundheitsorganisation WHO „tödlichste Infektionskrankheit der Welt“ war, ist TB nun zurück auf dem unrühmlichen Spitzenplatz.[1] Im Jahr 2023 gab es geschätzt 10,8 Millionen Neuinfektionen, darunter 1,3 Millionen Kinder; 1,25 Millionen Todesfälle jährlich, davon rund zehn Prozent HIV-Infizierte. Und das, obwohl Tuberkulose heilbar und vermeidbar ist. Der 24. März ist Welt-Tuberkulose-Tag.
Seit dem Jahr 2000 konnten weltweite TB-Programme etwa 79 Millionen Menschenleben retten – allein im vergangenen Jahr wurden rund 3,65 Millionen Todesfälle durch Prävention, Tests und Behandlung verhindert. Dies war vor allem möglich durch gezielte internationale Zusammenarbeit. Einen Großteil der Beiträge finanzierte USAID. Doch nun drohen die abrupten Kürzungen diese hart erkämpften Fortschritte zunichtezumachen. Die USA waren bislang der größte bilaterale Geldgeber für TB-Programme und stellten jährlich etwa 200 bis 250 Millionen US-Dollar bereit – ein Viertel der gesamten internationalen TB-Finanzierung.
Besonders in Ländern mit hohem TB-Aufkommen (wie etwa Indien, Nigeria oder Demokratische Republik Kongo) führt der Wegfall von Geldern zu massiven Einschnitten: Personalstellen werden gestrichen, Laborinfrastrukturen brechen zusammen, Medikamentenlieferketten geraten ins Stocken – mit dramatischen Folgen für Diagnose und Behandlung.
Erste Auswirkungen zeigen sich bereits: Menschen meiden TB-Zentren aus Angst vor Stigmatisierung; Patient*innen teilen ihre Medikamente mit anderen Betroffenen oder lassen Behandlungen aus, um die begrenzten Vorräte zu strecken.[2] Diese Versorgungslücken begünstigen die Ausbreitung resistenter TB-Stämme.
Die Gefahr der Resistenzen
TB ist in allen Ländern und Altersgruppen präsent. Besonders besorgniserregend ist die multiresistente TB (MDR-TB), die gegen gängige Medikamente resistent ist. Nur durchschnittlich etwa zwei von fünf Menschen mit MDR-TB weltweit erhielten im Jahr 2023 eine angemessene Behandlung. Noch dramatischer ist die Lage für Kinder: Bis heute gibt es kein einziges speziell für sie entwickeltes MDR-TB-Medikament. Hier fehlt es weiterhin an Forschung und gezielten Investitionen.
Ein Hoffnungsschimmer namens MTBVAC
Ein Lichtblick in der TB-Bekämpfung ist eine neue Studie der Produktentwicklungspartnerschaft IAVI und des Herstellers Biofabri/Zendal. Der Impfstoffkandidat MTBVAC könnte erstmals einen wirksamen Schutz für Erwachsene und Jugendliche bieten. Die groß angelegte Studie, die in Südafrika, Kenia und Tansania läuft, testet den Impfstoff auf Sicherheit und Wirksamkeit.[3]
Es gibt zwar bereits einen Impfstoff gegen TB, doch dieser ist über 100 Jahre alt und auch nur begrenzt wirksam im Hinblick auf Prävention. Ein neuer Impfstoff könnte im weltweiten Kampf eine Wende herbeiführen. Bei MTBVAC handelt es sich um einen Einmal-IImpfstoff, der die Verabreichung in ressourcenarmen und abgelegenen Gebieten erleichtert. Die Entwickelnden des Impfstoffs haben sich laut Studie verpflichtet dafür zu sorgen, dass im Falle eines Erfolgs in weiteren Versuchen eine ausreichende und erschwingliche Versorgung an den Orten gewährleistet ist, an denen er am dringendsten benötigt wird. Doch genau hier liegt die Herausforderung: Wer finanziert die Verfügbarkeit in Ländern mit begrenzten Ressourcen?
Investitionslücke: Anspruch und Wirklichkeit
Die politische Erklärung des UN-Gipfeltreffens zum Thema Tuberkulose 2023 fordert eine jährliche Forschungsfinanzierung von fünf Milliarden US-Dollar bis 2027. Tatsächlich stand 2022 aber nur eine Milliarde US-Dollar zur Verfügung – weit entfernt von dem erforderlichen Betrag. Ohne massive Investitionen werden bestehende Forschungserfolge ins Leere laufen. Das bedeutet: weniger neue Medikamente, weniger verbesserte Diagnostika, eine ausgebremste Impfstoffentwicklung.
Auch Deutschland muss Verantwortung übernehmen. TB und antimikrobielle Resistenzen (AMR) gehören zu den größten globalen Gesundheitsbedrohungen – und doch fließen weiterhin zu wenig Mittel in Forschung und Entwicklung. Das ist nicht nur eine moralische Frage, sondern auch eine strategische.
Was jetzt passieren muss
- Deutschland und die internationale Gemeinschaft haben eine Verantwortung. Es braucht politisches und finanzielles Engagement, um TB weltweit zu beenden. Dies muss sich auch im Koalitionsvertrag und im Bundeshaushalt widerspiegeln.
- Es braucht konkrete Schritte:
- Globaler Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria: Der Globale Fonds stellt 76 Prozent der internationalen TB-Finanzierung bereit. 7,1 Millionen Menschen wurden im Jahr 2023 medizinisch versorgt. Deshalb muss Deutschland einen angemessenen Beitrag für die Wiederauffüllungskonferenz des Globalen Fonds im Jahr 2025 bereitstellen.
- 750 Millionen Euro für die globale Impfallianz Gavi bei der diesjährigen Wiederauffüllung, um die Kindersterblichkeit nachhaltig zu senken. Gavi ist von zentraler Bedeutung für die Bereitstellung von Impfstoffen und um Lieferwege zu etablieren. Im Jahr 2024 hat Gavi seine Impfstoff-Investitionsstrategie verabschiedet und legt damit die Grundlage für zukünftige Impfprogramme. Im Fokus steht u.a. die Einführung eines Impfstoffs gegen TB für Jugendliche.
- Investitionen in Forschung und Entwicklung neuer Medikamente, Diagnostika und Impfstoffe, insbesondere für armutsassoziierte und vernachlässigte Krankheiten wie TB.
- Gezielte Forschung zu MDR-TB-Medikamenten für Kinder, um die bisher bestehende Versorgungslücke zu schließen.
- Einführung von Pull-Incentives, um Marktversagen in der globalen Gesundheitsforschung zu beheben und private Investitionen in essenzielle Arzneimittel zu mobilisieren.
- Ein gerechter Zugang zu Innovationen, insbesondere für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen, die häufig am stärksten betroffen sind
Quellen
[1] Tuberculosis
[2] Huge Risk Of Drug-Resistant Tuberculosis In Wake Of Abrupt US Funding Cuts – Health Policy Watch
[3] https://www.iavi.org/press-release/iavi-and-biofabri-zendal-announce-first-vaccinations-in-the-imagine-clinical-trial-a-large-scale-safety-and-efficacy-trial-of-the-tuberculosis-vaccine-candidate-mtbvac/
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