

UN-Frauenkonferenz in New York: Gleichstellung ist kein Selbstläufer
30 Jahre nach der Weltfrauenkonferenz von Peking sollte die 69. Frauenrechtskommission (Commission on the Status of Women, CSW, d. Red.) eigentlich eine Feier des Fortschritts sein, ein Moment, um Erfolge zu würdigen, gemeinsam zu reflektieren und entschlossen die letzten fünf Jahre der Agenda 2030 anzugehen. Doch so richtig zum Feiern war keinem zu Mute, denn es wurde sehr deutlich: Gleichstellung und die Wahrung von Menschenrechten sind keine Selbstverständlichkeit. Der hart erkämpfte Fortschritt – er muss verteidigt werden.
Frauen- und Minderheitenrechte werden weltweit eingeschränkt, feministische Errungenschaften zurückgedrängt. In den USA wurde mit Roe v. Wade das nationale Recht auf Schwangerschaftabbruch gekippt, die Global Gag Rule reaktiviert, Zahlungen an UNFPA gestoppt. USAID-Finanzierungen wurden eingefroren, die WHO-Mitgliedschaft gekündigt, die Agenda 2030 abgelehnt. Entscheidungen mit globalen Auswirkungen, die nicht nur Leben kosten, sondern auch ein gefährliches Signal senden: Frauenrechte sind politische Verhandlungsmasse. Doch das dürfen sie nie sein!
Und genau darum sollte es eigentlich bei der CSW gehen. Anders als bei regulären Sitzungen der Frauenrechtskommission sollte angesichts des 30-jährigen Bestehens eine politische Erklärung beschlossen werden – was rein politisch klingt, jedoch ganz konkrete Auswirkungen hat, insbesondere für Mädchen, Frauen und Menschen in marginalisierten Kontexten.
Zähes Ringen um Worte – und Rechte
Nach intensiven und zähen Verhandlungen haben sich die Mitgliedstaaten schließlich auf eine solche Erklärung geeinigt – ein Ergebnis, das in der aktuellen geopolitischen Lage nicht selbstverständlich ist. Besonders im Bereich Gesundheit konnte verhindert werden, dass zentrale Schutzmechanismen abgeschwächt oder gestrichen werden. Die Erklärung bekräftigt das Recht auf bestmögliche physische und mentale Gesundheit und hebt universelle Gesundheitsversorgung hervor. Erfreulicherweise findet auch Menstruationsgesundheit explizit Erwähnung.
Doch gleichzeitig ist der erbitterte Widerstand frauenfeindlicher Kräfte während der Verhandlungen im Resultat unübersehbar. Nahezu jeder Punkt, der geschlechtsspezifische Rechte und Schutzmaßnahmen betrifft, wurde von konservativen Staaten infrage gestellt – allen voran von den USA, die sich während der Verhandlungen besonders destruktiv und rückschrittlich zeigten:
- Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte (SRHR): Nicht nur SRHR wurden konsequent blockiert , obwohl sie essenziell für reproduktive Selbstbestimmung sind, auch jegliche Erwähnung von CSE wurde verhindert – trotz ihrer nachweislichen Bedeutung für die Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt und die Stärkung junger Menschen.
- Gewalt gegen Frauen und Mädchen: Die grundsätzliche Notwendigkeit, geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen, wurde zwar bestätigt –, doch Versuche, stärkere Verpflichtungen zur Strafverfolgung oder besseren Schutzmechanismen durchzusetzen, scheiterten.
- Finanzierung feministischer und zivilgesellschaftlicher Arbeit: Auch hier gab es Versuche, bestehende Formulierungen aufzuweichen. Zwar wird die Bedeutung nachhaltiger Mittel für feministische Bewegungen anerkannt, aber konkrete Verpflichtungen zur Bereitstellung von Geldern fehlen.
- Rechte von LGBTQI+-Personen: Die Menschenrechte queerer Personen fanden in der Erklärung keinerlei Erwähnung – trotz alarmierender Rückschritte in vielen Teilen der Welt.
Die Verabschiedung der politischen Erklärung zeigt, dass feministischer Widerstand wirkt. Doch sie macht auch deutlich: Errungenschaften der letzten Jahrzehnte stehen unter massivem Druck. Rechte, die als gesichert galten, werden in Frage gestellt, während konservative Kräfte gezielt Fortschritte blockieren. Besonders besorgniserregend ist der Versuch, bestehende Begriffe und Normen umzudeuten und in ihrer Auslegung zu beschneiden – eine schleichende Aushöhlung internationale Standards der Geschlechtergerechtigkeit.
Die CSW hat einmal mehr verdeutlicht, dass Gleichstellung kein Selbstläufer ist. Dass es überhaupt eine Einigung gab, ist ein Erfolg – doch er wurde teuer erkauft. Umso wichtiger ist es, dass die Zivilgesellschaft wachsam bleibt, Druck auf Regierungen ausübt und weiter für die uneingeschränkte Durchsetzung von Menschenrechten eintritt.
Frauenrechte, insbesondere Gewaltschutzgesetze, haben auch eine positive Auswirkung auf die Friedlichkeit eines Lands – hat unlängst der Friedensforscher Franz Jedlicka mit seinem „Legislation-Peace Nexus“ nachgewiesen.
LG Nora
Danke für den super Tipp!