Standpunkt: Europäische Pandemievorsorge – CEPI ist das richtige Instrument
Ein Gastbeitrag von Tiemo Wölken (SPD), MEP.
Die Coalition for Epidemic Preparedness Innovations , kurz CEPI, spielte eine Schlüsselrolle bei der Beschleunigung der Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen. Jetzt braucht sie für die nächsten fünf Jahre Unterstützung, um die Pandemie zu beenden und auf künftige Ausbrüche von Infektionskrankheiten vorbereitet zu sein
Auf dem Global Pandemic Preparedness Summit, der vom 7. bis 9. März stattfindet, treffen sich Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, um ihre Unterstützung für den zweiten Fünfjahresplan der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI) zuzusagen.
Dieser Plan zielt darauf ab, die Bemühungen zur Beendigung der Covid-19-Pandemie anzuführen, die globalen Bereitschafts- und Reaktionskapazitäten zu verbessern und ein stärkeres und nachhaltigeres Ökosystem für Forschung und Entwicklung (F&E) aufzubauen. Es steht viel auf dem Spiel: Eine große Gefahr ist die Selbstzufriedenheit, die durch das trügerische Gefühl entsteht, dass Covid-19 vorbei und dies die letzte Pandemie sei.
Im Jahr 2017 als Reaktion auf den Ebola-Ausbruch in Westafrika gegründet, hat CEPI seitdem erhebliche Fortschritte bei der Schließung der drohenden Investitionslücke in der Impfstoffentwicklung gemacht.
Das erste CEPI-Programm (2017-2022) wurde insgesamt mit 1 Milliarde US-Dollar ausgestattet. Es zielte darauf ab, Impfstoffe gegen neu auftretende Infektionskrankheiten wie das Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-Cov) sowie Lassa- und Nipah-Fieber zu entwickeln und sie bis zum Ende der klinischen Phase II voranzutreiben, damit sie im Falle eines Ausbruchs für Phase-III-Studien zur Verfügung stehen können.
Durch die Unterstützung der frühen Forschungsphasen ermöglicht CEPI eine wesentlich schnellere Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen gegen neu auftretende Infektionskrankheiten. Darüber hinaus setzt sie sich dafür ein, dass die von ihr finanzierten Gegenmaßnahmen und Instrumente weltweit gleichberechtigt zur Verfügung stehen, und unterstützt die Länder bei der Stärkung ihrer Kapazitäten zur Vorbereitung auf Epidemien.
Die Forschung darf nicht mit der Pandemie enden
Mit seinem Ansatz, die Entwicklung von Technologieplattformen zu unterstützen, die die Grundlage für Impfstoffe gegen verschiedene Krankheiten bilden könnten, war CEPI bei Ausbruch der Pandemie schnell zur Stelle. Von den fünf Covid-19-Impfstoffen, die von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zugelassen wurden, unterstützte CEPI drei. So war sie beispielsweise ein früher Geldgeber für die Forschung an der Universität Oxford, die zur Entwicklung des Covid-19-Impfstoffs von AstraZeneca führte. Auch weiterhin unterstützt CEPI die Entwicklung neuer Impfstoffe gegen potenzielle Epidemien.
Die von CEPI unterstützte frühe Forschungsphase war entscheidend dafür, dass die Welt so schnell auf die Pandemie reagieren konnte. Aber die Forschung kann nicht mit einer Pandemie beginnen und vergessen werden, wenn diese für beendet erklärt wird.
Gleichzeitig vernachlässigen wir die „stillen Epidemien“ HIV, Tuberkulose, Malaria und antimikrobiellen Resistenzen (AMR).
Wir haben es auch versäumt, wichtige Forschungsbereiche zwischen den Ebola-Ausbrüchen fortzuführen, was zur Folge hatte, dass sich die Entwicklung wichtiger Instrumente verzögerte und diese nicht zur Verfügung standen, als der nächste Ausbruch 2019 in der Demokratischen Republik Kongo stattfand. Wir haben es damals versäumt, Lehren zu ziehen – wir können es uns heute nicht leisten, noch einmal zu versagen.
Nur globales Handeln führt zum Ziel
Während die EU bei der globalen Reaktion auf Covid-19 Führungsstärke, Solidarität und Engagement gezeigt hat, kam die globale Zusammenarbeit im Bereich von Gesundheitsforschung und -entwicklung aufgrund von Alleingängen und einer Zersplitterung der Ansätze zu kurz. Die Einrichtung der Europäischen Behörde für Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen(HERA) ist ein Schritt in die richtige Richtung, wird aber nichts bringen, wenn sie nicht von globalen Maßnahmen begleitet wird, die die Länder dabei unterstützen, ihre eigenen Vorsorgekapazitäten zu erneuern und zu stärken. Dies gilt insbesondere für Länder mit fragilen Gesundheitssystemen.
Die Zusage, die EU-Kommissarin Stella Kyriakides vor einigen Wochen gemacht hat, Komplementaritäten und Synergien zwischen HERA und CEPI zu schaffen, ist wichtig. Aber der Teufel steckt im Detail.
CEPI und HERA müssen zusammenarbeiten, um eine kritische Masse für die Entwicklung von Impfstoffen zu erreichen, einen günstigeren Rahmen für F&E im Einsatz gegen Pandemien zu schaffen und weltweit einen gleichberechtigten Zugang zu lebensrettenden Technologien zu gewährleisten.
Eine solche Zusammenarbeit ist von entscheidender Bedeutung, denn wie Covid-19 eindrucksvoll gezeigt hat, kann kein Land und keine Organisation hoffen, eine Pandemie allein zu besiegen.
Die Kohärenz zwischen HERA und anderen F&E-Initiativen der EU im Gesundheitsbereich, wie der Initiative für innovative Gesundheit und der EU-Afrika-Gesundheitspartnerschaft EDCTP3, muss ebenfalls vertieft werden, um die Pandemievorsorge zu stärken.
Das Parlament wird dafür sorgen, dass die EU-Ressourcen wirksam eingesetzt werden und dass CEPI, HERA und andere Initiativen dieser Art zusammenarbeiten, um die Wirkung der EU-Investitionen zu maximieren.
Den Kreislauf von Vernachlässigung und Panik durchbrechen
Die Stärkung der Zusammenarbeit bei der F&E von Impfstoffen und den Herstellungskapazitäten in Afrika hat weiterhin höchste Priorität. Dennoch sind wir noch weit davon entfernt, eine nachhaltige Lösung für den Zugang zu Impfstoffen in Afrika zu finden, sei es für Covid-19 oder andere Krankheiten.
Bei unseren Bemühungen, uns vor der nächsten Pandemie zu schützen, müssen wir auch dazu beitragen, die weit verbreiteten Epidemien von Malaria, Tuberkulose und HIV zu beenden, vernachlässigte Tropenkrankheiten zu bekämpfen, die Afrika besonders stark belasten, und der wachsenden Bedrohung durch Antibiotikaresistenzen zu begegnen.
Wir müssen aus der Covid-19-Krise lernen und den gegenwärtigen Kreislauf von Vernachlässigung und anschließender Panik durchbrechen, indem wir ein robustes System für die Pandemievorsorge und -reaktion aufbauen.
Ich fordere die EU auf, ein ehrgeiziges Versprechen für CEPI abzugeben: eine wirklich globale, gemeinsame Anstrengung, um gerechte Instrumente und Technologien gegen Epidemien zu entwickeln und die Investitionen in armutsassoziierte Krankheitsforschung und -entwicklung zu erhöhen.
Wir müssen uns den Herausforderungen von heute stellen und uns auf die von morgen vorbereiten, denn es ist nicht die Frage, ob, sondern wann die nächste Pandemie ausbricht.
Tiemo Wölken ist ein deutscher Europaabgeordneter, der S&D-Koordinator im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit und Mitglied des Rechtsausschusses ist.
Der Originalbeitrag erschien im Englischen auf Science Business.