5 Fragen – 5 Antworten zu Produktentwicklungspartnerschaften (PDPs)
Für über eine Milliarde Menschen, die von armutsassoziierten und vernachlässigten Krankheiten betroffen sind, bleibt die Gesundheitsforschung eine Schicksalsfrage. Denn zu ihrer Eindämmung wurden noch nicht ausreichende Diagnostika, Impfstoffe und Medikamente entwickelt.
Zu den armutsassoziierten und vernachlässigten Krankheiten gehören zum Beispiel HIV, Tuberkulose, Malaria, verschiedene Wurmkrankheiten und die afrikanische Schlafkrankheit. Diese Krankheiten betreffen vor allem Menschen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, aber auch benachteiligte Gruppen in Ländern mit hohem Einkommen. Für wenige armutsassoziierte und vernachlässigte Krankheiten gibt es einen Impfstoff. Viele Arzneimittel können toxisch sein und haben häufig schwere Nebenwirkungen. Der Pharmaindustrie fehlt oft der wirtschaftliche Anreiz, für diese Krankheiten Impfstoffe, Medikamente, und Diagnostika zu entwickeln und zu verbessern. Daher wurden in den letzten Jahrzehnten Produktentwicklungspartnerschaften (PDPs) gegründet.
1. Was machen Produktentwicklungspartnerschaften?
Produktentwicklungspartnerschaften sind internationale Non-Profit-Organisationen, die sich auf Forschung und Entwicklung neuer Technologien konzentrieren, damit diese Krankheiten behandelt oder sogar geheilt werden können. In Kooperation mit Pharmafirmen und Forschungseinrichtungen entwickeln PDPs Medikamente, Impfstoffe und Diagnostika für vernachlässigte und armutsassoziierte Krankheiten. Außerdem vernetzen PDPs Forschungseinrichtungen mit öffentlichen und privaten Institutionen und verbessern die Verteilung von knappen Ressourcen.
2. Welche Erfolge konnten gefeiert werden?
Laut eines neuen Berichtes der sogenannten Produktentwicklungspartnerschaften-Koalition, die aus zwölf PDPs besteht, konnten in den letzten zehn Jahren viele Erfolge gefeiert werden. So gab es wichtige Fortschritte wie unter anderem:
- das erste Medikament für eine Behandlung von hoch-resistenten Formen der Tuberkulose,
- eine Einzeldosis zur Behandlung und zur Verhinderung eines Rückfalls bei der verbreiteten Malariaform p. vivax,
- die erste rein orale Behandlung für alle Stadien der afrikanischen Schlafkrankheit, und
- der erste vaginale HIV-Präventionsring, der Frauen eine selbstständig anwendbare Möglichkeit bietet, sich vor HIV zu schützen.
Insgesamt haben diese zwölf Produktentwicklungspartnerschaften von 2010-2020 über 60 neue Gesundheitsinnovationen auf den Markt gebracht. Diese Innovationen haben über 2,4 Milliarden Menschen erreicht, hauptsächlich in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.
3. Was macht Produktentwicklungspartnerschaften so besonders?
Zu den besonderen Eigenschaften von Produktentwicklungspartnerschaften gehören unter anderem:
- Prävention und Reaktion auf neu auftretende und zukünftige Gesundheitsgefahren: PDPs haben dazu beigetragen, die globale Reaktion auf die Covid-19-Pandemie zu unterstützen. Sie haben Impfstoff- und Antikörper-Kandidaten entwickelt, chemische Datenbanken zur Verfügung gestellt, die auf ihre potenzielle Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 getestet werden, und Arzneimittelforschungstechniken zur Unterstützung der Covid-19-Produktforschung angewandt. Einige PDPs entwickeln auch Produkte und bilden Forschungskoalitionen, um aufkommende Gesundheitsbedrohungen, wie z. B. antimikrobielle Resistenzen, anzugehen.
- Preis-/Leistungs-Verhältnis: Produktentwicklungspartnerschaften erhalten Gelder und Sachleistungen aus öffentlichen und privaten Quellen. Durch die Bündelung von Ressourcen und die Nutzung von Kooperationen sind sie ein kosteneffektiver Weg, um Leben zu retten und Länder wirtschaftlich zu fördern. Durch ihr Finanzierungsmodell sind PDPs in der Lage, Produkte zu Kosten zu entwickeln, die unter denen des Privatsektors liegen. PDP-Produkte bieten also ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
- Stärkung lokaler Kapazitäten: Durch Partnerschaften, Schulungen, Infrastrukturverbesserungen und der Förderung der nächsten Generation von Forscher*innen, Expert*innen und Wissenschaftler*innen bauen Produktentwicklungspartnerschaften nachhaltige Forschungsplattformen auf. Damit sind Länder besser darauf vorbereiten, neue und zukünftige Gesundheitsprobleme und Forschungsfragen anzugehen. Außerdem verbessern die entwickelten Produkte oft die Leistungsfähigkeit von Gesundheitssystemen.
- Beitrag zur universellen Gesundheitsversorgung und den nachhaltigen Entwicklungszielen: Die Entwicklung von Produkten aus dem Portfolio der Produktentwicklungspartnerschaften ist eine notwendige Voraussetzung für eine universelle Gesundheitsversorgung. Außerdem können mehrere Nachhaltigkeitsziele ohne PDPs gar nicht erreicht werden. Zum Beispiel verbesserte Impfstoffe, Medikamente, Diagnostika und Schutzmaßnahmen für Tuberkulose, Malaria und HIV & Aids sowie verbesserte Instrumente für die Gesundheit von Frauen und Kindern.
4. Warum brauchen Produktentwicklungspartnerschaften Investitionen und politischen Willen?
Die Entwicklung medizinischer Technologien braucht Zeit. Einige Forschungsansätze müssen auch verworfen werden. Deswegen benötigen Produktentwicklungspartnerschaften eine stabile langfristige Finanzierung und Investitionen. Sie brauchen dies in jeder Phase des Forschungsprozesses – von der Entdeckung und Epidemiologie bis hin zu klinischen Studien. Eine solche verlässliche Finanzierung kann durch längerfristige staatliche Mittel ermöglicht werden.
Um weltweit eine Verbesserung der Gesundheit zu erreichen, erfordert es einen ganzheitlichen Ansatz. Daher sind verstärkte Investitionen und eine sektorübergreifende Zusammenarbeit erforderlich, um die weit verbreitete Einführung, Bereitstellung und Umsetzung neuer Gesundheitstechnologien zu gewährleisten.
5. Setzt sich die Bundesregierung für Produktentwicklungspartnerschaften ein?
Ja, das tut sie. Einige Produktentwicklungspartnerschaften werden seit 2011 über das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Sogar in ihrer neuen Globalen Gesundheitsstrategie nennt die Bundesregierung PDPs als ein erfolgreiches Instrument, um vernachlässigte und armutsassoziierte Krankheiten weiter einzudämmen. Die derzeitige Förderung (2016-2021) der Produktentwicklungspartnerschaften wurde pandemiebedingt bis Ende 2022 verlängert. Wie die nächste Bundesregierung dieses wichtige Instrument dann weiter fördert oder ob sie es sogar verstetigt, bleibt abzuwarten.